Skip to main content
SearchLoginLogin or Signup

Aufbruch zu einer netzwerkorientierten und multimedialen Gemeindeentwicklung gemeinsam mit einer digitalen Kerngemeinde

Anstöße wie in einer Kirchengemeinde aus #DigitaleKirche und #AnalogeKirche eine #HybridKirche werden könnte.

Published onFeb 18, 2020
Aufbruch zu einer netzwerkorientierten und multimedialen Gemeindeentwicklung gemeinsam mit einer digitalen Kerngemeinde
·

Einleitung

Die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit wandelt sich rasant: Vor wenigen Jahren reichte es aus, als Kirchengemeinde einen Gemeindebrief zu verteilen, einen Schaukasten mit Plakaten zu bestücken und im Veranstaltungskalender der Lokalpresse präsent zu sein. In den vergangen Jahren lebten wir nicht nur mit Papier, sondern auch „unter Strom“: Computer, Smartphone, eMail und Website erweiterten das Spektrum, um eine interessierte Öffentlichkeit über kirchengemeindlichen Aktivitäten zu informieren.

Soziale Internet-Netzwerke gewinnen global an Bedeutung. Die Vernetzungsdichte steigt. Heutzutage kann man sich über Facebook, Instagram & Co. vernetzen und sich so auf dem Laufenden halten, in Kontakt bleiben und sein Beziehungsnetzwerk pflegen.

Ein Aspekt der V. EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft (V. KMU) dient diesem Papier als zentraler Impulsgeber für einen „Aufbruch zu einer netzwerkorientierten und multimedialen Gemeindeentwicklung“. Die V. KMU stellt auf Seite 9 fest:

"Die Fragen zur Kommunikation über religiöse Themen haben gezeigt, dass bei einem derart privaten und von wechselseitigem Vertrauen geprägten Austausch digitale Medien gegenwärtig keine große Rolle spielen. Religiöse Kommunikation als personaler Austausch findet im Wesentlichen in privaten Räumen und unter Anwesenden (face-to-face) statt. Trotz dieses Befunds ist die Zahl derer, die das Internet zur Information auch über kirchliche und religiöse Themen nutzen, nicht zu vernachlässigen, zumal hier in Zukunft eine Steigerung zu erwarten ist.“

90% der Deutschen nutzen laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2019 das Internet zumindest gelegentlich. Laut V. KMU nutzen 60% der Kirchenmitglieder das Internet nie, um sich über Kirche bzw. kirchliche Themen zu informieren. Hier ist ein enormes Potential für Kirche und Diakonie verborgen.

Hauptaspekt einer netzwerkorientierten und multimedialen Gemeindeentwicklung ist, die Chancen der digitalen Medien in das kirchliche Gemeindeleben als produktiven Impulsgeber zu integrieren und Möglichkeiten von Netzwerkorientierung und Multimedialität gemeinsam mit einer digitalen Kerngemeinde fruchtbar zu machen.

Methode

Netzwerke beruhen auf Beziehung und sozialem Tausch von Informationen, Deutungen, Meinungen, Leistungen. Sie benötigen alltagsweltliche Formen der Initiierung, um in Gang zu kommen. Kommunikationstheoretisch lässt sich die „Kerngemeinde“ einer Kirchengemeinde als ein sehr kirchenverbundenes gemeindliches Teil-Netzwerk des Gesamtnetzwerks Kirchengemeinde interpretieren. In diesem Teil-Netzwerk liegt das Gemeindeentwicklungspotenzial für eine Kirchengemeinde. Sind Mitglieder der Kerngemeinde informiert, übernehmen sie automatisch die Rolle des Brückenbauers an der Peripherie des Gesamtnetzwerks Kirchengemeinde - und teilweise auch darüber hinaus.

Die Chancen einer netzwerkorientierten und multimedialen Gemeindeentwicklung liegen somit im schlummernden Potential einer „digitalen Kerngemeinde“. Diese kann sich aus Mitgliedern der analogen Kerngemeinde bzw. aus digitalen kirchlichen Fürsprechern außerhalb der strukturell vorgegebenen Gemeindegrenzen zusammensetzen.

Es gilt, eine Gruppe von netzwerkaktiven Gemeindegliedern zu gewinnen, die sich konzentriert der Frage der Gemeindeentwicklung durch (digitale) Kommunikation zuwendet. Jedes Mitglied dieser eng mit der Kirche verbundenen Gruppe soll als Korrespondent/in in ihrem/seinem Beziehungsnetzwerk über das Gemeindeleben und kirchliche Themen berichten und somit die Rolle eines/r ehrenamtlichen Influencers/in an den Netzwerkrändern einnehmen. Durch Inanspruchnahme der persönlichen Beziehungsnetzwerke für kirchliche Themen erweitert sich der private Raum religiöser Kommunikation. Die Dynamik dieser Erweiterung erscheint als weitere Facette für das Priestertum aller Gläubigen.

Schließlich soll durch die Öffnung von kirchengemeindlichen Räumen, analoge Möglichkeiten der Begegnung ausgebaut werden. Diese Treffpunkte sollen genutzt werden, um die Beziehungen untereinander und darin zugleich die Beziehung mit Gott zu stärken. Das gemeinsam Erlebte lässt sich wiederum in seinen persönlichen Beziehungsnetzwerken multimedial und analog kommunizieren. Für diese Überlegungen stellt das Kirchengebäude einen zentralen Begegnungsraum dar. Es ist ein sichtbarer spiritueller Ort und in vielen Fällen das älteste und wertvollste Gebäude einer Stadt, eines Stadtteils oder eines Dorfes. Dort wird die eigene Frömmigkeit entdeckt und eingeübt. Dort entstehen, z.B. beim Kirchencafé, bei einer Hochzeit oder der eigenen Konfirmandenzeit viele persönliche (analoge) Momente, die sich sehr gut mit anderen (digital) teilen lassen - in Form von Erzählungen, Fotos oder eines Tweets.

Welche Aspekte sollten gemeinsam in den
Gremien der Kirchengemeinde diskutiert werden?

  1. Ist die Kirchengemeinde in ihren Leitungsorganen hinreichend motiviert, ihr evangelisches Profil durch konsequente Nutzung digitaler Medien zu schärfen?

  2. Wie lassen sich Kommunikation und Partizipation mithilfe der digitalen Medien erreichen?

  3. Wie kann die Kirchengemeinde den Kommunikationsstil von „vielen Stimmen“ trainieren?

  4. Wie kann ein stetiger Informationsfluss innerhalb der vollständigen Kerngemeinde etabliert und vorgelebt werden?

  5. Welche Auswirkung hat die konsequente Integration digitaler Kommunikation auf das traditionelle Verständnis von Gemeinde?

  6. Wie kann man die Nachbargemeinden in den Prozess mit einbinden?

  7. Welches Budget wird im Haushalt eingeplant, um zusätzlich benötigte Infrastruktur und Know-How einkaufen zu können?

Welche konkreten Maßnahmen sind denkbar?

  • Im Kirchengebäude sorgen festinstallierte Kameras und zusätzliche Filmbeleuchtung für die Möglichkeit einer Übertragung jedes Gottesdienstes via Live-Stream über das Internet - auch eine reine Audioübertragung wäre denkbar. Ein Computerarbeitsplatz soll das zügige Aktualisieren der kirchengemeindlichen Website und der Social-Media-Kanäle (Facebook-Seite usw.) ermöglichen.

  • Die Öffentlichkeitsarbeit der Kirchengemeinde wird mit allen Mitarbeitenden in diesem Bereich neu justiert. Dabei wird ein publizistisches Gesamtkonzept für jeden der einzelnen Medienkanälen und ein einheitliches Corporate Design erarbeitet. Ob analog oder digital, jedes Medium behält seine Existenzberechtigung und wird auf die jeweilige Zielgruppe innerhalb der Kerngemeinde hin optimiert. Es darf dabei nie zu einer Informationsvorenthaltung für eine der Zielgruppen kommen. Bei Bedarf werden in Fortbildungen die Fähigkeiten der Öffentlichkeitsarbeiter/innen optimiert und so deren Medienkompetenz gestärkt.

  • Digitale Kommunikation kommt ohne klassischen Redaktionsschluss aus. Eine Online Crew aus Konfirmierten, Konfiteamer/-innen, Kindergarten-Eltern usw. berichtet zeitnah auf der kirchengemeindlichen Website und den sozialen Netzwerken - wie Facebook und Instagram – mit Textbeiträgen, Fotos oder Videos. Die Website nutzt das landeskirchliche Webbaukasten-System (in Baden ist es beispielsweise LUKAS - siehe www.eki-musterhausen.de). Das System wird zur zentralen Plattform für alle produzierten Beiträge (Artikel, Fotos, Videos, Plakate, Flyer). Hier können sich die jeweiligen Verantwortlichen der einzelnen Medienkanäle (Gemeindebrief, Facebook-Seite usw.) die Beiträge für ihre Öffentlichkeitsarbeit heraussuchen bzw. eigene Beiträge einstellen, um ihre Teil-Zielgruppe innerhalb der Kerngemeinde bzw. Kirchengemeinde zu informieren.

  • Es wird freies Internet-W-Lan im Kirchengebäude für die Gäste angeboten, die so problemlos mit ihren Smartphones bzw. Tablets den eigenen Beziehungsnetzwerken über das in der Kirche Erlebte berichten können. Die Gäste / Gemeindeglieder sollen ermutigt werden, ihre Geschichte(n), über ihre individuellen Medienkanäle zu erzählen. Hierzu hilft ein „eigener“ #Hashtag, um die Beiträge aus dem Web filtern zu können, beispielsweise als Social Wall auf einem Monitor im Foyer der Kirche.

  • Es werden Angebote geschaffen, die Mobilität ebenso wie der Verwurzelung des „wandernden Gottesvolkes“ gerecht werden. Hierzu wird beispielsweise ein Faltblatt bzw. ein eBook für Smartphones mit der Gottesdienstordnung für Gäste, die nicht mit der Liturgie vertrauten sind, bereitgestellt.

  • Die rechtliche Situation (Urheberrechte / Persönlichkeitsrechte / Datenschutz / Rundfunklizenz & GEMA bei Live-Übertragungen / etc.) wird geklärt und daraufhin gemeinsame „Spielregeln“ entwickelt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass auch vor der Weböffentlichkeit geschützte „Räume“ geschaffen werden - z.B. gehören Seelsorgegespräche nicht in die Öffentlichkeit. Die Würde des Gottesdienstes wird gewahrt: Es soll während des Gottesdienstes Bereiche im Kirchengebäude geben, die nicht mit den Kameras eingefangen werden können.

  • Es wird bei den selbst erstellen Beiträgen auf Qualität geachtet und eine gemeinsame Feedback-Kultur entwickelt. Hierzu könnte das Kirchencafé als Feedback-Forum ausgebaut werden. Ebenso werden regelmäßig Erhebungen und Umfrage im Gesamtnetzwerk Kirchengemeinde gemacht, um das kirchengemeindliche Angebot optimieren zu können.

Abspann

Digital Producer Ulli Naefken arbeitet seit April 2019 in der Multimediaredaktion im Zentrum für Kommunikation (ZfK) mit. Seine Heimatgemeinde ist die Evangelische Gemeinde an der Peterskirche in Weinheim.

Comments
0
comment
No comments here
Why not start the discussion?