
Herr van Oorschot, was machen Sie dieses Jahr am Karfreitag?
Vermutlich werden wir als Familie ein Stück des Kreuzweges laufen, der in der Nähe unserer Kirche beginnt und zu einer Kapelle mit schöner Aussicht führt. An den Stationen hängen dieses Jahr Plakate mit Texten und Gebeten.
Ostern im Zeichen der Corona-Krise - was bedeutet das theologisch?
Für mich bedeutet das, mich noch mehr als sonst darauf zu konzentrieren, was mich prägen darf und was nicht. Von einem Virus? Von meiner Sorge? Oder eben von der Hoffnung, dass Gott Distanzen überwindet, Grenzen überschreitet und Menschen ermutigt, dem Augenschein zum Trotz. Und auch wenn Ostern in der Kirche ausfällt – Ostern selbst fällt nicht aus!
Und ganz praktisch? Wie geht parochiale Kirche ohne Kontakt und Versammlung?
Zwei Eindrücke, die sich widersprechen. Erstens: sie geht eben nicht mehr. Etwas ganz Wesentliches fehlt mir und den Gemeindegliedern. So schön der Gottesdienst auf Youtube auch sein mag, auch der aus der eigenen Kirche: das Singen währenddessen, das Unterhalten (manchmal auch währenddessen): das fehlt hier ganz vielen. Wir versuchen das mit kleinen Zeichen aufzufangen: Nachbarschaftshilfe, Postkarten etc
Und zweitens: sie geht noch viel mehr. Wir erweitern unsere Möglichkeiten, im digitalen Raum aber auch durch häufigere Telefonate, kurze Besuche an der Haustür, ein großes Aufeinander Acht geben.
Haben Sie einen konkreten Vorschlag: Wie können Pfarrerinnen und Pfarrer in ihren Gemeinden den Karfreitag gestalten?
Hausandachten verschicken, den Kirchenraum gestalten, einen Gottesdienst streamen: da gibt es viele Möglichkeiten. Und ganz viel Material, so dass auch nicht jede*r alles neu erfinden muss.
Wie können Christinnen und Christen den Karfreitag zuhause / in Isolation / ohne physische Gemeinde verbringen?
Siehe oben Spazieren gehen tut gut, vielleicht auch zu zweit. Gerade an solch einem trübsinnigen Tag. In jeder Gemeinde wird es ein oder zwei Angebote geben, mit denen man den Tag gestalten kann. Und wer sich mit digitalen Medien nicht auskennt oder nicht wohlfühlt, kann auch im Gemeindebüro anrufen und nachfragen, was es so gibt.
Was lehrt uns die Corona-Situation hinsichtlich der Infragestellung des Sonntags-/Fest-gottesdienstes als des selbstverständlichen Zentrums der Gemeinde?
Ehrlich gesagt kann ich das noch nicht abschätzen. Gottesdienst als Zentrum der Gemeinde ist eher eine theologische Aussage als eine Beschreibung der Gemeindewirklichkeit. Ich merke: dennoch ist die Sehnsucht nach persönlicher Begegnung da. Und gleichzeitig: viele Menschen nutzen die Möglichkeit, einen aufgezeichneten Gottesdienst zu einer Uhrzeit zu schauen, die ihnen selbst gut passt. Und bei der Predigt etwas vorzuspulen, wenn sie einen nicht anspricht.
Philipp van Oorschot ist Pfarrer der Heiliggeistgemeinde Kirchzarten www.ekidreisamtal.de