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EUNET - ein App-Roman

Published onSep 21, 2022
EUNET - ein App-Roman
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  • This Release (#1) was created on Sep 21, 2022 ()
  • The latest Release (#2) was created on Mar 15, 2023 ().

In Eunet befreit man sich am Leitfaden einer App aus jener Matrix, als die uns unsere Netzwelt umgibt und in die wir uns gerade dann immer wieder neu verstricken, wenn wir die Nullen und Einsen einer durchgehend digitalisierten Welt gar nicht mehr wahrnehmen …

Sie hat sich auf mein Buchprojekt eingestellt. Ich habe mich auf ihr Reality-Game eingelassen. Das war der Deal. Mal sehen, wie es weitergeht.

VORWORT

ZABAIONE

MAX4U

Die UXEES

GRÄFIN ZAHL

EMPATHIA

SERAPHINE

SHERIFA (SCHLEIFE)

EUNET-ZIP – EUNET-COMMUNITY

4U-QUEEN

IM DARKNET

NACHWORT

ANHANG

VORWORT

Tom DeMarco bedankt sich im Vorwort seines Projektmanagement-Romans Der Termin bei dem Physiker George Gamow für eine Reihe von Geschichten, in denen der Protagonist Mr. Tomkins lernt, sich in einer vereinfachten physikalischen Modellwelt zurechtzufinden. Mit DeMarcos Mr. T. lernen wir Projektmanagement in der Modellumgebung einer fiktiven Transformationsgesellschaft, in der sich Marktgesetze Schicht um Schicht überlagern und daher im Roman kapitelweise zu wirken beginnen.

Ich bedanke mich nun bei Tom DeMarco. Denn wer diesen Roman liest, bewegt sich durch Eunet wie in einer Modellwelt am Draht. Wir stehen dabei in der Tradition von Lewis Carolls Alice im Wunderland oder von Edwin Abbotts mehrdimensionalem Roman Flächenland. In ihnen erfährt man komprimiert, was in Wahrheit komplexer und weniger offensichtlich ist und sich im Alltag immer wieder unserem Routinehandeln entzieht. In Eunet befreit man sich am Leitfaden einer App aus jener Matrix, als die uns unsere Netzwelt umgibt und in die wir uns gerade dann immer wieder neu verstricken, wenn wir die Nullen und Einsen einer durchgehend digitalisierten Welt gar nicht mehr wahrnehmen. Sie versklavt uns in jeder Rolle: wenn wir ausgebeutet werden und erst recht, wenn wir ausbeuten. Und sie gibt uns noch nicht frei, wenn wir meinen, uns nachhaltig angepasst zu haben.

Die appgesteuerte Gründung eines Internet-Startups kann aber ebenso wie erfolgreiches Projektmanagement nach DeMarco zum Modell für einen gelingenden Neuanfang durch eine vertiefte Selbstbegründung des eigenen Handelns und des eigenen Verhaltens werden. Die Arbeit steht dabei in beiden Büchern für das Leben. Im App-Roman allerdings geht es um die fällige Neuorientierung des Lebens im digitalen Zeitalter. Nach der Epochenwende überdecken neue gesellschaftliche Herausforderungen, was uns im Alltag gefangen hält. Mal lähmend, mal ablenkend durch Krisenalarm als Dauerzustand.

Die App zeigt einen Ausweg, weil sie nicht einfach auf der Erfolgsspur wandelt. Sie erzählt Episode für Episode eine eigentlich uralte, ja die älteste Befreiungsgeschichte überhaupt. In ihr kondensieren sich Menschheitserfahrungen, die sich im Umgang mit Angst und Scheitern, mit Krankheit, Leiden und Tod bewährt haben. In denen es nie nur ums Haben, sondern immer auch ums Sein gegangen ist. Das ist auch bei DeMarco so. Er kannte das Risiko, das man eingeht, wenn man als jemand, der etwas zu wissen glaubt, ins Erzählen kommt. Aber er wusste auch, dass Romane im Unterschied zu Handbüchern klüger sein können als die Menschen, die sie schreiben.

Dieser App-Roman kann auch als vierter Band einer Buchreihe gelesen werden, die den gemeinsamen Untertitel ‚Zwischen Kreativität und Schöpfung‘ tragen müsste. Nach Innovation, Regulierung und Tiefe Innovation nun: Eunet. Das als Entschuldigung bei zu hochgespannten literarischen wie Reiseführer-Erwartungen. Und als Versicherung, dass sich alle täuschen, die sich in diesem Roman wiedererkennen wollen: ob als ausgebeutete Programmiererin mit Businessplan in Berlin oder als spätberufener Autor in einem Café der Holsteinischen Schweiz. Aber was verstrickte Leserinnen und Leser erwartet, wenn sie heute aufwachen und in unserer vernetzten Welt noch einmal neu anfangen wollen – darüber kann man nicht nur in jenen anderen Bänden, sondern auch auf dem Marktplatz von Eunet einiges erfahren.

ZABAIONE

Es war eigentlich kein Glockenton, und er fiel auch nicht von dem immer noch halbfertig wirkenden windschiefen Kirchturm auf den Marktplatz von Eunet herab. Aber das leise Flirren, das die Mittagsruhe durchzitterte, war pünktlich. Es schien von der Verbotenen Insel herüberzukommen, überquerte den Platz, der wie in Blei gegossen dalag, wehte draußen an den Tischen mit wartenden Gästen vorbei, innen durch die Ess- und Schankstube, dann um die Bar herum nach hinten in die Küche und ließ dort endlich die schaumige Creme gerinnen, die der Koch jetzt eilig hinaustragen würde wie jeden Tag.

Der Gast saß immer an derselben Stelle. Nun stand der Junge vor ihm und betrachtete ihn aufmerksam, wie nur er es konnte. ZABAIONE, hörte er ihn denken, noch ehe er das aussprach. So nannten sie ihn hier schon von früheren Aufenthalten her, vor der Krise. Doch er zählte nur die Vokale in dem seltsamen Wort und verstand: ES MACHT EINEN UNTERSCHIED!

Es fehlt das U, erklärte ihm der Junge, als der unnachahmliche Geschmack ihn bereits von innen aufzulösen begann. Wie in: DU lässt unter dir. Dann drehte er sich um und rannte davon wie in Zeitlupe. Er wollte hoch und hinterher. Doch dann spürte er die feuchte Wärme im Schritt und sah den Fleck, der sich zwischen seinen Beinen ausbreitete. EINSCHALTEN!, brüllte es in ihm. Beschämt beugte er sich hastig nach vorn, schob das Glas von sich weg, als stört es, und klappte den Laptop auf, der immer vor ihm stand. Er blickte geschäftig hoch, bis das Programm gestartet war, und notierte dann eifrig in die sich öffnenden Felder hinein, was er schon vor sich sah. Wie er es von jetzt an jeden Tag tun würde.

Die Marktbühne war leer. Im App-Drehbuch war auch noch kein Markttag. In der Mitte des Platzes stand einsam eine kantige Säule, die auf ihn wirkte wie das Versprechen eines plätschernden Brunnens. Stattdessen hatte sie Platz für Inschriften. Aber man konnte sich an ihr schon orientieren, ebenso wie an den vier kleinen Pfeilern, die um sie herum angeordnet waren. Sie konnten farbig erstrahlen, aber jetzt reflektierten auch sie gleichmütig ein diffuses Licht, das von überall zu kommen schien. Sie warteten, wie alles andere hier.

Gleich würde der Junge zum Smartphone greifen und sich dann erst mit einem, dann mit mehreren jener kleinen Wesen verabreden, von denen niemand wusste, woher sie kamen und wohin sie dann wieder verschwanden. Sicher war nur, dass niemand von den anderen, die nun bald einzeln oder in kleinen Gruppen auf dem Platz erscheinen mussten, vor ihnen sicher sein würde. Auch jene Alten nicht, die stets irgendwo herumstanden oder saßen. Sie malten oder modellierten, diktierten oder schrieben, manche noch per Hand. Einige diskutierten dabei miteinander, oft unterbrachen sie sich und besserten nach, wie er es von sich selbst kannte. Aber alle blickten stets konzentriert auf das, was jeweils geschah, und sie würden darauf wie im Takt reagieren, das wusste er. Sie schienen schon immer hier gewesen zu sein und noch nie etwas anderes gemacht zu haben. Sie fielen niemandem mehr auf.

Er wusste, was sie taten. Zu Workshopzeiten hatte er so Außenübungen beginnen lassen. Wer gut switchte und sich selbst über die Schulter blicken konnte, hielt die Zeit an und sah überall kleine Punkte auftauchen und wieder vergehen. Einige flogen wie kleine Körner irgendwohin, richteten sich aus und ordneten sich dabei an wie Bauklötzchen; manche waren hier als echte Backsteine sichtbar. Das tiefe Brummen, das man dann drinnen wie draußen wahrnahm, verzog sich so nach überall hin und setzte sich innen fort wie Stimmengewirr in einem Telefonnetz, das sich im immer gleichen Grundtakt über Einschlüsse und Ausschlüsse verständigte. Während so alles immer deutlicher Gestalt annahm, kam einiges in Bewegung, stand wieder still oder verschwand, anderes trat an seine Stelle. Aber nur dann, das lernte man zu sehen, wenn es passte.

So wie auf dem Marktplatz immer nur gekauft werden konnte, was da war, begehrt wurde und bezahlt werden konnte. Gleich ob es dort leer zu sein schien wie jetzt, oder ob Stände aufgebaut waren. Ob Ausstellungen, Informations- oder Wohltätigkeitsveranstaltungen stattfanden, ob Bands dort spielten oder ob der Platz im Ganzen zur Bühne wurde: bei Festen ebenso wie beim täglichen Überlebenskampf der wenigen, die sich sammelnd und bettelnd in den Nischen herumdrückten und den Kids abgestumpft oder genervt zusahen.

Aber erst wenn die loswuselten, würde es lebendig werden. Wenn sie zielsicher pieksten, wie sie es hier nannten, und dabei die Objekte benannten, für die sie lebten, würden alle Position beziehen müssen, die nach und nach auf dem Platz auftauchten. Sie würden ihre eigene Vergangenheit im Widerschein einer möglichen Zukunft verstehen und als Subjekte ihrer eigenen Geschichte ihre Rolle übernehmen. Indem sie sich unterwegs als helfend oder hindernd erwiesen und sich schließlich als zahlende Ermöglicher oder als zählende Konkurrenten entpuppten. Sie würden dabei entweder alles beim Alten belassen oder etwas Neues hervorbringen, das dann früher oder später hier auf den Markt kam. Im Rahmen einer neuen: der folgenden Geschichte.

Seine Schülerinnen und Schüler hatten so nicht nur gelernt, das Wirkliche vom bloß Möglichen zu unterscheiden, das anders erzählt werden musste. Sie lernten auch Zentrum und Rand, gegeben und neu, real und ideal anders in den Blick zu nehmen. Schließlich sogar Ist und Soll, Gut und Böse – gerade, wenn es praktisch wurde und wenn ihr Rat gefragt war. Er kannte die Formel, sie lernten, sie anzuwenden. Zunächst indem man sich auf einem Modellmarkt auf ein mitgebrachtes Gründungsbeispiel konzentrierte, das man dann Episode für Episode wie auf einer Bühne nachspielte.

Die App vor ihm zeichnete solche Geschichten nach wie ein 3-D-Drucker. Sie setzte Qualitäten und Dimensionen, die sich von oben nach unten abzeichneten, in Beziehung zu Quantitäten und Zahlen, die von links nach rechts abgetragen wurden. Phase für Phase, Schicht für Schicht, in ständig wechselnder Gestalt, deren Zusammenhang er manchmal erst nachträglich erkannte. In der Tiefe des Modells zeichnete sich das Narrativ ab, mit dem jemand in einer Netzwelt zu sich selbst fand: indem er ein Startup gründete. Durch agile Angebotsentwicklung über alle Ebenen hinweg, bis er oder sie sich zur Ruhe setzten konnte und aus dem Bild verschwand. In Filmen nach App-Drehbuch, die das Leben schrieb – oder als Roman. Daher nahm er auch hin, dass die App ihm seinen Text manchmal vorzugeben schien. Im Hintergrund als Schema, beim Schreiben durch sich öffnende Fenster, beim Tippen durch Sprachvorschläge - oder durch einzelne Buchstaben, wenn er darauf nicht einging. Die konnte penetrant sein, wie Sie. Beide hatten aber meistens recht, wie er nachträglich zugeben musste.

 

Er war erst gestern hier angekommen. Aber er fühlte sich schon wie zuhause und hoffte, mit dem Schreiben gut voranzukommen. Drei Kaffee später war alles vorbereitet, und der Junge stand lachend wieder vor ihm. Er sah ihn vor sich wie in einem Spiegel, in den er fallen sollte, als er ihn sagen hörte: Dir fehlt mein Double U. Für W wie Windel. Du wirst sie brauchen.

So sollte es also morgen anfangen. Doch jetzt war noch nicht die Stunde, mit der es hier täglich losgehen würde. Sondern schon jene andere, die morgen wieder erwartbar war. Er nannte sie seine graue Stunde. Denn gleich würde am Rande des hellen, aber immer noch farblosen Platzes ein neues schwarzes Fahrrad direkt neben seinem weißen stehen.

Und da kam sie auch schon munter angeradelt, um ihn abzuholen, wie nun jeden Tag. Er tippte noch rasch, dass er sie mit einem gewendeten AVE begrüßen würde. Halb ironisch, halb immer noch wütend auf sein Missgeschick und auf den Jungen, der jetzt weg war, wollte er noch hinzufügen: dass er auch KEINEN ABEL zeugen wollte. Aber der mehrfach geschützte Algorithmus zeigte schon an, dass sie dann irgendwas mit MAD antworten würde. Und sie unterbrach ihn mit einem stolzen: Ich habe fertig! Du kannst aufhören.

Das Tagesprogramm, das ihm immer wieder in die Tasten zu greifen schien, seit sie seinen Laptop umprogrammiert hatte, fuhr sich nun wie von selbst herunter. Im fahlen Abendlicht leuchtete einer der Pfeiler auf dem Marktplatz kurz rot auf. Zusammen mit dem Glas vor ihm, das sich als Prisma versuchte. Dann kontrollierte die App sein Arbeitsergebnis, indem sie aus der Gründungsgeschichte, an der er schrieb, jeweils eine Phase des Zaubermärchens rekonstruierte, das er in seinen Einführungsseminaren verwendete nach seiner Zauberformel, die er ihr verraten hatte. Heute werde nur die Vorbereitungsphase abgehakt: Szene, Rollen, Anfangsimpuls und so, alles noch ohne Leitfarbe.

Sobald er das Gerät am nächsten Morgen wieder aufklappte, würde er zusätzlich eine Protokollnotiz sehen, die das Tagesergebnis zusammenfasste. Dann hatte das Programm aus ihren abendlichen Nachgesprächen die entsprechende Phase aus seinen integrierten Projektworkshops rekonstruiert, auf die er so stolz war.

So werde sein Roman wie von selbst entstehen, und sie würden genug Zeit haben. Allein, aber nicht einsam. Und miteinander.

Er hatte dann nicht mehr widersprochen.


Programmnotiz

Leitfarbe: WEISS (Phase 0)
Integrale Innovation: 0. gefangen im Netz/ins Netz!
Identität im Netz (Kreativprozess): (Netzhintergrund)
U-Prozess- Kommunikation: Vorphase (Ebene: Anfangs- und Endphase)
Agile Projektplanung (Designthinking): Control (START)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen: als Netzgründungs-Variante):
(quest)

Es war einmal ein junger Mann, dem waren erst die Mutter und dann der Vater gestorben, und seine Stiefmutter sagte von ihm, man wisse gar nicht, wo er überhaupt herkomme. Er tauge zu überhaupt nichts und sei sein Essen nicht wert, und deshalb müsse er jetzt die Schweine seines Dorfes hüten. Er hatte nichts als seine Flöte, auf der spielte er aber sehr schön. Und so machte er sich an die Arbeit und auf den Weg.

 

Protokoll

Es gibt EUNET mit Marktplatz und Wohnung. Es gibt handelnde Personen und einen Autor. Wir sind hier, haben uns getroffen und begrüßt. Alles läuft und funktioniert.


Am Marktplatz hatte er den Bildschirm zugeklappt, gezahlt, und war mit steifen Schritten auf sie zugegangen. Es scheuerte nicht, und der Fleck war kaum zu sehen. Hoffentlich roch es nicht zu sehr. Aber er wusste, sie konnten einander reichlich verzeihen. Auch sie war offensichtlich gut angekommen und hatte nach ihrem Tagespensum am Ankunftstag schon das Nötige eingekauft. Er freute sich jetzt schon auf das Zusammenleben ihrer junggebliebenen Körper in dem abseits gelegenen viel zu großen Haus, das sie bewohnen würden, solange es in Eunet dauern würde. Irgendwann nach der unvermeidlichen Besprechung würden sie sich ihre wahren Namen zurufen und auch die wieder in einem zugestöhnten Du vergessen. Einander fühlen und miteinander eins werden. Völlig außer Kontrolle geraten und doch wissen, dass sie nicht tiefer fallen konnten als dorthin, wo man sie immer schon erwartete.

Sie lebten hier zusammen als altes Ehepaar. Beschädigt, aber fit. Merkwürdig.

MAX4U

X4U war eines jener Netz-Kids, von denen man nie wissen konnte, wann sie wo auftauchten. Wahrscheinlich wussten sie es selbst nicht, ehe sie auf eines ihrer Smartphones blickten, die an ihren winzigen Händen festgewachsen zu sein schienen, wenn sie hineinsprachen, auf ihnen hin und her wischten oder auf sie eintippten. Aber offensichtlich verabredeten sie sich immer und gingen dann einzeln oder in kleinen Gruppen zielstrebig auf ihre Opfer los, um sie unerschütterlich fröhlich immer wieder als Investorinnen oder Sponsoren oder wegen einer Projektpatenschaft anzupieksen, wie sie untereinander sagten.

Wegen dieser lästigen Kurzpräsentationen auf dem Markt hatte es regelmäßig Beschwerden gegeben – letztlich immer erfolglos. Es war, als ob eine unsichtbare Hand sie beschützte. Sie waren anders begabt, hieß es. Jede und jeder von ihnen besonders. Man brauche sie, sie bräuchten einander, und Eunet sei ein Safe Space, wo nachwachsen müsse, worauf alle angewiesen seien, um gemeinsam überleben zu können. Niemand wusste, was das genau bedeutete. Aber es war auch niemand greifbar, der das erklärt hätte. Man habe alles abgeschafft, war die Standardauskunft: erst den Klassenunterricht, dann die Schule überhaupt, schließlich selbst den Kindergarten vorher. Auch Eltern, die Grenzen setzten, zwischendurch, vermuteten einige.

Am Ende, hieß es halb tröstend, halb ironisch, würde man sich selbst abschaffen, weil dann das Safe Lab ohnehin überflüssig geworden sei. Die Netz-Kids jedenfalls benahmen sich so, als wollten sie dann alle als Netzbürgerinnen und Netzbürger Startups betreiben und Eunets als Marktplätze übernehmen.

Vorläufig hatten sie immer irgendwas programmiert: eine Verkaufs- oder eine Vernetzungslösung, virtuell, real oder hybrid, auch als Ausstellungs- oder als Communityprojekt, das sie dann im Wechsel mit den Alten abwechselnd oder sogar mit ihnen zusammen präsentierten. So unberechenbar traten sie auch bei möglichen Investorinnen und Investoren auf, als ob sie diese besonders verwirren wollten – was aber verrückterweise nie geschah. Vielmehr ereignete sich mittlerweile kaum noch etwas auf dem Platz, an dem sie nicht beteiligt waren. Und das sprach sich offenbar immer weiter herum und wurde auch in den Cafés und Gaststätten zum Thema, nicht nur bei einheimischen Gästen.

 

Der Markt summte, unnatürlich belebt von einem späten Morgenrot. Jetzt waren sie wieder überall. X4U wieselte mitten unter ihnen herum. Er hörte auf Iksvorju, weil er nie etwas anderes gehört hatte. Und den Namen hatte er nicht nur deshalb erhalten, weil er kopieren konnte wie kein anderer. Wie kein anderer konnte er dabei auch etwas verschwinden lassen und selbst verschwinden. Bei ihm konnte man sehen, wie’s ging, weil man im Grunde nichts sah. Oder weil man nur sah, was er wollte oder was man schon wusste – und dann beides nicht mehr auseinanderhalten konnte.

War er ein Betrüger? – Nicht wenn man genau hinsah. Aber was sah man da? Er bewegte sich eben derart schnell, dass er spindeldürr war, obwohl er ständig aß. Aber zugleich sah man ihn immer gleichzeitig von mehreren Seiten. So dass er gelegentlich auch lachend und schweigend dazusitzen schien wie ein fetter Buddha. Während er in Wahrheit gerade dadurch sein Programm anpries, das genau dieses konnte. Es zeigte das, was man selbst real gemacht und an eine virtuelle Wand gehängt hatte, so von allen Seiten, wie es der Zuschauer sehen wollte. Und wirkte dadurch auf diesen so, wie man es selbst gewollt hatte.

 

X4U hatte mehr Dinge in sich hineingestopft, als selbst er vertrug, als er eines Tages auf dem Markt jemanden traf, die war wie er und doch ganz anders. Sie verschlang ihn mit den Augen. Er hatte sie zum Fressen gern. Sie wollten einander so sehr. Doch so wie sie jetzt waren, konnten sie nicht zueinanderkommen. So wollten sie erst einmal einander so viel wie möglich geben, um so viel wie möglich voneinander zu haben.

Er ging auf in der 3-D-Kopie, die er sofort von ihr erstellte und die er ständig vor sich hertrug. Sie war in der Tat einzigartig: als ob sie jederzeit zum Leben mit ihm erwachen könnte. Aber gerade um das zu ermöglichen, musste er sich das Programm noch einmal so zu eigen machen, dass es möglichst vielen genau das lebendig vor Augen stellte, was deren Leben lebenswert machte.

Ab da war er unterwegs, als ob er jetzt erst aufgewacht sei. Aber nun hieß sein Programm nicht mehr 3-D-4U. Um es allen verkaufen zu können, benannte er es um in MAX4U. Und so wollte er ab jetzt auch selbst genannt werden. Er war unersättlich gewesen, nun wollte er sich als unersetzlich präsentieren. Jedenfalls erwies er sich als unermüdlich, wenn er seine Programmvision in wenigen Worten vorstellte. Er blieb dabei stets fröhlich und auch bei Absagen unerschütterlich. Er wollte wirklich ins Netz. Aber er ließ auch keinen Zweifel: Wer sein Programm fördern wollte, musste ihn fördern. Wie er war.

So war er auch auf jenen Gast zugegangen, der seinen Auftrag vergessen zu haben schien und selbst an seinen Namen erinnert werden musste. Und so präsentierte er sich und sein Programm eines Tages den UXEES, die damals noch IXEES hießen. Als das Einzige, was ihnen fehlte. Sie würden sein Programm sponsern und ihn aufnehmen in ihr Influencer Team.

Und so kam er wirklich ins Netz: Weil er selbst es wollte. Und weil er es konnte. Durch sie und mit ihnen, als MAX4U.


Programmnotiz

Leitfarbe: ROT (Phase 1)
Integrale Innovation: 1. ins Netz:
Identität im Netz (Kreativprozess): Infektion
U-Prozess- Kommunikation: Vorphase (Ebene: Anfangs- und Endphase)
Agile Projektplanung (Designthinking): Control (START)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen: als Netzgründungs-Variante):

Er ließ es sich aber nicht verdrießen, sondern war freundlich und hilfsbereit gegen jedermann. Wenn er auf dem Feld war, zog er seine Zauberflöte aus der Tasche, spielte darauf, und die Schweine drehten sich fröhlich im Kreise. (Die hatte ihm eines Tages draußen im Walde eine schöne Frau geschenkt, nachdem er einer alten Frau über den Fluss geholfen hatte. Seit er einen Fuchs aus der Falle befreit hatte, verstand er auch, was die Tiere sagten und konnte mit ihnen sprechen.)

Als er eines Tages die Schweine am Schlossgraben tanzen ließ, erschien oben auf der Mauer die Prinzessin, die seine Flöte gehört hatte. Von nun an kam sie immer früh am Morgen, wenn er ihre Lieblingsmelodie spielte.

 

Protokoll

Wir sind hier, um „Eunet“ zu erschaffen: einen Startup-Gründungsroman. Eine handelnde Person will als Gründer ins Netz (auf den Markt, in den Roman). Gründer und Gründungsbeschluss sind benannt. Gründungsvision sowie Netzstatus und Netzfunktion der handelnden Personen müssen genauer und vielleicht immer neu bestimmt werden.


Er hatte zufrieden seinen Laptop geschlossen, obwohl er die Programmnotiz trotz ihrer Erklärungen nicht wirklich verstand. Doch sie insistierte auch auf dem abendlichen Arbeitsgespräch – und darauf, dass es ordentlich protokolliert wird. Später sitzen sie vor dem Haus in der Abendsonne, die hier nun alles rot färbt, wie es sich gehört.

Dann hatten sie sich noch darüber verständigt, welche der Menschen um sie herum wann und warum vorbeikommen oder besucht werden könnten. Waren aber in Streit darüber geraten, was sich davon auch wirklich ereignen solle, um das Lebensrecht der erwachenden Eunet-Romanfiguren nicht zu gefährden. Je mehr er trank, umso lustiger fand er den Gedanken, dass Besuchende wie Besuchte erfahrungsgemäß immer wieder in Bücher hinein wanderten. Dann könne er ja stattdessen auch den einen oder die andere aus dem Roman hinaus wandern lassen. Und er machte, halb im Spaß, den einen oder anderen Vorschlag, mit wem er sich in diesem Fall notfalls auch allein treffen würde. Was sie dann völlig im Ernst mit dem Hinweis beantwortete, er solle jetzt endlich mit dem Trinken aufhören. Sie müssten beide früh raus und hätten noch reichlich zu tun.

Er erinnerte sich am nächsten Tag noch, dass er irgendwann an ihrer Brust gelegen und gemurmelt hatte, im wahren Leben könne Rosenknospe auch der unvergessene Name eines Kinderschlittens sein. Im Film, hatte sie da geantwortet. Im wahren Leben bist du einfach betrunken.

Die UXEES

Heute ist endlich Markttag. Die anliefernden LKWs sind längst verschwunden, die Stände sind so aufgebaut, dass man erkennt, was gemeint ist. Jeder positioniert und präsentiert sich an seinem Platz. Die Marktordnung wird offensichtlich streng ausgelegt und scheint nach der Krise nachgeschärft worden zu sein. Er meint auf der flammend rot leuchtenden Säule einige Hinweise lesen zu können. Aber die interessieren ihn nicht. Hier scheint alles im roten Bereich zu sein und ihm brummt ein wenig der Schädel.

Er soll sich auf die UXEES konzentrieren: Influencer-Twins, die zu Hause mit sorgfältig inszenierten Selfies lange geübt hatten, Beliebiges zu präsentieren, und die ihr Konzept nun auf dem Markt erproben wollen.

 

Er war gut vorbereitet und hatte sich ihre Vorgeschichte angesehen. Sie waren als IXEES gestartet. Ein doppeltes Ich, das sollte ihr Name suggerieren, verschwindet im Netz hinter dem Produkt, das dadurch umso heller strahlt. Ein Vorläufer des MAX4U-Programms garantierte, dass ihr perfektes Styling sie erst voneinander und dann von den ihnen anvertrauten Produkten ununterscheidbar machte.

Die App diagnostizierte allerdings gnadenlos, wie sie immer wieder krachend scheiterten, wenn sie an den Ständen ihre Werbeangebote unterbreiteten. Gelegentlich versuchten sie es auch in den angrenzenden Läden, die Warenständer und kleine Tische vor die Schaufenster gestellt hatten. Selbst in den Markt-Cafés tauchten sie nun auf. Auf dem Bildschirm zeichnet sich ab, dass sie ihm dabei bedrohlich nahekommen konnten. Er schaute sich über die Schulter, aber da war natürlich nichts los, was ihn jetzt interessieren musste.

So zoomte er sich ein wenig näher und sah nun eine Szene vor sich, in der sich die Türe öffnete, und der Manager mit der Ladenbesitzerin ein paar Worte sprach. Die warf erstmal einen besorgten Blick auf die Kundinnen, die in den Sonderangeboten kramten. Aber sie waren neugierig, und so durften das Zwillingspaar und seine Entourage eintreten. Die Teamster positionierten sich links und rechts, rückten einige Ständer zur Seite und öffneten eine Gasse für den Auftritt der beiden. Die suchten blitzschnell ein Produkt aus, beschrieben es erst im Duett und erläuterten dann im raschen Wechsel seine charakteristischen Funktionen. Nach einer kleinen Pause mit kaum wahrnehmbarem Schnitt schienen sie es plötzlich beide vor ihrer eingeblendeten heimischen Kulisse mit zunehmender Begeisterung und in immer schnellerer Schnittfolge anzuwenden – bis sie schließlich mit ihrem berühmten Crescendo-Kreischen schlagartig verschwanden und nur noch das Produkt zu sehen war: mit jener Aura, die sie damals als ihr Markenzeichen betrachteten.

Einige der Kundinnen waren fasziniert, andere abgestoßen. Die meisten fühlten sich eher gestört und wandten sich nach relativ kurzer Zeit wieder dem zu, dass sie vor jenem bizarren Auftritt interessiert hatte. Der Manager unterhielt sich im Hintergrund weiter mit der Besitzerin und hatte ihr am Ende wohl ein Kaufangebot gemacht. Die aber lachte nur auf – und zeigte dann ziemlich bestimmt nach draußen, um das Ganze endlich zu beenden.

In der nächsten Szene saßen die IXEES mit ihrem Team draußen am neuen kleinen Springbrunnen in der Marktecke zusammen und kämpften mit den Tränen. Ihr Manager teilte ihnen mit, dass auch andere Influencerinnen und Influencer inzwischen mit virtuellen Präsenzen arbeiteten und dass sowohl die großen Firmen als auch die meisten Händler längst langfristige Verträge abgeschlossen hatten – mit Preisen, bei denen sie nicht mithalten konnten. Hinzu kam, dass sie immer noch und immer wieder nicht nur nach ihrer Ähnlichkeit, sondern auch nach ihrer Gender-Identität befragt wurden. Wer denn nun wer sei und was das mit dem zu tun habe, was gerade beworben wurde.

 

Damals waren wohl wirklich Tränen geflossen. Und dann hatte man eine Zeitlang erst einmal gar nichts mehr von den beiden gehört. Ihre Kanäle sendeten das Standbild, das zur Ikone geworden war, und schwiegen. Anfangs überschlugen sich die Gerüchte, die Häme wurde lauter. Dann flaute das Interesse ab, und sie verschwanden aus der Netzöffentlichkeit.

Aber die beiden ließen sich nicht unterkriegen. Sie hatten genau hingehört. Dann hörten sie noch einmal in sich hinein und sahen sich dabei wechselseitig über die Schultern (was sie wirklich gut konnten). Dann sagte die eine dem anderen, wonach sie eigentlich im Netz suchte. Und der wiederum sagte ihr, was er dort wirklich tun wollte. Schließlich besprachen sie und er, was sie jeweils tun konnten, um anders erfolgreich zu sein als alle anderen. Und dann hatten sie plötzlich eine gemeinsame Vision vor Augen und wollten sich wie früher der Aufgabe stellen, daraus zusammen mit ihrem Team ein erfolgreiches Netzangebot zu gestalten. Nämlich genau aus dem, was sie gerade erst für sich und dann miteinander erlebt hatten.

Sie zeigten es zunächst dem Manager, dann MAX4U und dem ganzen Team, das sie aus ihren immer knapper werdenden Ressourcen weiterbezahlt hatten. MAX4U der gerade dazu gestoßen war, würde daraus über Nacht etwas völlig Neues machen. Sein: ihr Spezialprogramm zeigte nun immer wieder im Gegenschnitt und leicht verschoben, was der eine so, die andere anders sah. Und erst dann, was beide so und nicht anders sahen. Und man wusste dann, warum das etwas Besonderes war: einzigartig.

Sie arbeiteten und probten daran im Team wie besessen. Dann zeigten sie es heimlich denen und befragten die, von denen sie am heftigsten abgelehnt wurden: Würdet ihr ein Produkt kaufen, dass wir so vorstellen? Dann probten sie weiter, und ihr Manager kalkulierte neu.

Jetzt waren sie wieder am Markt: ausschließlich mit jenen ganz bestimmten Waren, die sich im harten Dialog zwischen ihnen bewährt hatten. Das war ihr Markenkern.

Die Influencer-Twins sahen sich immer noch sehr ähnlich. Aber nun achteten sie selbst darauf, dass man sie in ihren sonst gleichen Kleidern an der Farbe unterscheiden konnte. Na ja: an den Rottönen, wie man bei genauem Hinsehen feststellte. Denn im Netz erkannte man sie daran, wie sie miteinander redeten, argumentierten und stritten, bis sie sich für das eine Produkt entschieden, für das sie sich mit guten Gründen und aus voller Überzeugung entschieden hatten: jeder und jede für sich selbst. Als sie, als er selbst. Das machte sie einzigartig.

Daher nannten sie sich jetzt auch die UXEES. So waren sie bekannt geworden – und so trafen sie auf dem Marktplatz GRÄFIN ZAHL, die sie samt ihrem Team gleich aufnahm in ihre Crowdfunding-Community: zusammen mit MAX4U, der alle unablässig mit seiner Kamera umkreiste. Als Menschen, mit denen und auf die man zählen konnte: einzeln wie zusammen!


Programmnotiz

Leitfarbe: ROT (Phase 2)
Integrale Innovation: 2. singulär werden
Identität im Netz (Kreativprozess): Infektion (Entkopplung)
U-Prozess- Kommunikation: Positionen (Beobachtungen: Positionsebene)
Agile Projektplanung (Designthinking): Understand (Emhasize)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen: als Netzgründungs-Variante):

Eines Morgens aber was sie sehr traurig. Denn ihr Vater, der alte König, hatte sie jedem Ritter versprochen, der den Drachen töten würde, dem das Land jedes Jahr viel Gold überlassen musste, weil sonst sein Feueratem Felder und Wälder und schließlich auch Dörfer, Städte und selbst das Schloss verbrennen würde.

Viele Ritter wollen die Prinzessin und das Reich für sich erwerben. Sie sind schon als Freier unterwegs und reiten mit erhobener Lanze und wehender Helmzier heran. Doch der Drache hat sie schon erwartet und den ersten mit seinem Feueratem getötet.

 

Protokoll:

Der Gründer hat am Markt überlebt, weil er sich neu definiert hat. Die Gründerinnen sind mit ihrem Angebot am Markt gescheitert, weil sie sich dort verhalten haben, wie alle anderen.

Die Gründungspersonen haben sich selbst neu definieren müssen, um ihr singuläres Marktpotenzial erkennen zu können. Wer kann auf dem Eunet-Markt (in Eunet) überhaupt überleben?


Wieder geschafft, einschließlich der Vor- und Rückblenden, die von der App vorgeschlagen worden waren. Ihre Erzähllogik leuchtete ihm ein. Aber die abendliche Arbeitssitzung war trotzdem nervig. Er hatte zwar immer zwei der Polster unter dem Hintern, die eigentlich für die Gartenstühle draußen auf der Terrasse gedacht waren. Die schweren Stühle an dem Riesentisch drückten trotzdem, und ihm tat das Kreuz weh. Nachdem sie die Leihräder abgestellt hatten, war sie mit ihren immer noch federnden Schritten durchs Haus gewieselt, hatte schnell einsortiert und alles für den Abend vorbereitet. Aber dann, er war noch gar nicht richtig angekommen, bestand sie auf einer konzentrierten Sitzung an der massiven Tischplatte, die leer sein musste bis auf ihre Laptops, und fragte und diskutierte, bis die Protokoll-Schlüsselformulierungen standen, aus denen vor allem hervorging, dass sie ihren Job gemacht hatte.

Ihm war das wumpe, wie er deutlich sagte. Er wollte ein paar seiner Klamotten loswerden, die drückten, sich nebenan langmachen, einen Schluck trinken und dann weitersehen. Die Stimmung sank. Sie merkte das und zog ihn gleich anschließend in den Wohnraum nebenan mit den großen Teppichen, der Bildschirmwand und der stets gut gefüllten kleinen Bar. Er goss sich das erste Glas ein und ließ sich auf die ausladende Eckcouch sinken. Sie streckte sich neben ihm aus und kuschelte sich an ihn, wie nur sie es konnte. Bis alles ineinander passte, als ob sie zusammengewachsen seien. Es fühlte sich einfach gut an.

Und dann fragte sie ihn aus seiner Armbeuge heraus, ob er den hübschen kleinen Brunnen bemerkt hatte, den sie für ihn gemacht hatte. Dort an der Seite des Marktes, wo die Influencer standen.

 

Er verschluckte sich fast, setze das Glas ab, straffte sich und fragte dann zurück, ob sie ihm nicht nur zuarbeite und zusehe, sondern auch kontrolliere. Sie erklärte ihm, wie sie ihre Aufgabe auffasste. Dass er natürlich seine Rolle interpretieren könne, wie er wolle, in den Grenzen, die schließlich nicht sie, sondern die App vorgebe. Wenn diese funktionieren und das Ganze fertig werden solle, müssten ihre Arbeitsschritte aber ineinandergreifen. Woran merkst du denn, dass ein Kapitel oder ein Roman fertig ist?

Damit hatte sie ihn wieder eingefangen. Ganz in der Autorenrolle antwortete er das Übliche: dass die Romangestalten das untereinander und mit ihm aushandeln und dass er es nur aufschreibt. Dann gab er zu, dass er das Ergebnis letztlich immer mit seiner Lektorin aushandele. Die wiederum handele im Auftrag des Verlags, der sein Autorenleben ja erst möglich machte. Mit ihr einigte er sich allerdings tatsächlich auf kontrollierbare Kriterien. Sonst sei ein berufliches Zusammenleben unmöglich.

Na also, kam dann zurück. Sie gewann immer.

 

Nachdem sie immer noch nicht die Kurve ins Bett genommen hatten, obwohl sie es mehrfach angeregt hatte, rächte er sich. Wollte sich rächen, hatte sich aber – in seiner Autorenrolle, wie er dazu bemerkte – immer noch einmal nachgegossen. Es hörte sich etwas verwaschen an, aber er hatte es sich sorgfältig überlegt:

Was tust du, wenn jemand wie ich jemanden wie dich auf den Platz schickt. Und der trifft, du triffst dort auf einen Begleiterinnen-Avatar, der dort auch nichts zu suchen hat. Welche Fragen, die ich als Autor akzeptieren muss, stellst du dann deinem Wiedergänger, um das Chaos zu vermeiden, das du verhindern musst? Oder genauer, er verschluckte sich am vorweggenommenen Lacher: Was würde sie, nein, was machst du dann mit ihr, wenn sie alle deine Fragen so beantwortet, wie ich mir das gerade vorstelle?

Eine Avatarin, gut gemacht, wollte er weiter dozieren – aber da warf sie ihm einen warnenden Blick zu. Sie waren immer noch im roten Anfangsbereich. Und er verständigte sich mit der, mit der er jetzt zusammenlebte, endlich darauf, dass sie beide immerhin auch heute ihr Pensum geschafft hatten und dass jetzt wirklich Feierabend sei: Zeit für anderes.

GRÄFIN ZAHL

In der Ecke plätscherte in der Tat jener kleine Brunnen. Er war gelb. Doch gerade als er sich heranzoomte, um ihn genauer beschreiben zu können, versiegte er für exinen Moment. Dann stieg er wieder munter hoch, als ob er zwischendurch verstopft gewesen sei. Und auch das Wasser schimmerte gelblich. Eine hastige Konstruktion. Er grinste in sich hinein, machte dann aber weiter. Es gab heute viel zu tun.

War eigentlich endlich Markt oder immer noch nicht? Die App sagte ihm, dass seit dem frühen Morgen einiges los gewesen war. Eine Schar von Freiwilligen mit gelben T-Shirts war mit professionellem Gerät und Material aufgetaucht und hatte statt der üblichen Marktstände einheitlich konstruierte Begegnungszelte aufgebaut, in denen es um unterschiedliche soziale, ökologische oder Zukunftsthemen ging. War es eine Messe? Wurde hier informiert, geworben, verkauft? War die Veranstaltung überhaupt öffentlich? Man wusste es nicht. Die ersten Neugierigen wurden vertröstet, bis alle Zelte standen und rings um den Platz gelbe Fahnen wehten. An der Säule leuchtete jetzt der gelbe Pfeiler, natürlich.

 

Nun ging alles ganz schnell. Er kam mit dem Schreiben kaum nach. Crowdfunding. Die Kids kamen von allen Seiten, mehr als sonst, und sie kamen wohl auch von weiter her. Auch die UXEES waren da, samt Konkurrenz. Alle waren angefixt wie immer, nun aber als Bündel einzelner Umsetzungsideen. Und ebenfalls um Gelbtöne bemüht. Denn SIE war gekommen und sprach im Auftrag einer Sharing-Community SC: GRÄFIN ZAHL.

Natürlich war das nicht ihr richtiger Name, den kannte man nicht – und der sei auch unwichtig, hieß es. Wichtig sei nur ihre Funktion. Sie unterschied, zählte und bewertete Marktziele. Das könne auch jemand anderes machen. Wenn er oder sie es genauso gut mache. Denn sie entschied, wer bei SC gelistet wurde, ehe die Community darüber entschied, wofür wieviel investiert wurde.

 

Etwas später zoomte er sich in das Zelt, in dem sich die UXEES der GRÄFIN und ihrem Team präsentierten. Sie selbst war sehr viel älter als die beiden, groß, hager, fast knochig, etwas gebeugt, aber sehnig und durchtrainiert. In ihrem enganliegenden Hosenanzug, selbstverständlich aus gelber Seide, erzeugte sie Abstand. Außerdem war sie immer schon zwei Schritte weiter. Aber nun blickte sie wohlwollend auf die beiden, die ihr vortrugen, was sie mit ihrem Engagement erreichen wollten und warum ihnen die SC-Finanzierung wichtig war.

Was sie eigentlich konnten und wollten war: dasjenige im ständigen Kontakt mit den Bedürfnissen, den einzelnen Wünschen der Kundinnen und Kunden und konkurrierenden Angeboten immer weiterzuentwickeln, wovon sie selbst überzeugt waren, und auch dieses und sich selbst neu zu entdecken, wenn es sein musste. Sie wollten das Anbieten selbst nachhaltig gestalten.

Beziehung ist Arbeit, sagte sie bestätigend, als sie von ihren harten Erfahrungen berichteten und darüber, wie sie dadurch neu entdeckt hatten, wer sie waren. Sie erfuhren erst später, dass jeder schon drin war, der jenen Leitsatz von ihr gehört hatte.

 

Jetzt ging es erstmal ins Einzelne. Erstaunt hörten sie sich unter dem aufmerksamen Blick ihrer Katzenaugen eines ihrer jetzigen und demnächst geplanten Angebote nach dem anderen benennen und beschreiben. Erst jeder, jede für sich, dann zusammen, wie sie es sich angewöhnt hatten. Und sie sahen dabei, wie das SC-eigene System funktionierte, als die großen Bildschirme im Hintergrund, die es in jedem der Zelte gab, jedes dieser Angebote mit schon vorhandenen in Beziehung setzte. Es wurde verworfen, wenn es nicht konkurrieren konnte, und wenn es überlebte, wurde es so lange mit den bestehenden Alternativen verglichen, bis es einzigartig dastand.

In einer Zwischenphase konnten sie mit ihrem Team diskutieren, was sich daraus ergab. Anschließend fanden sie sich zu einem zweiten Termin ein, den auch zu ihrer Überraschung wieder die GRÄFIN persönlich wahrnahm. Sie ging mit ihnen geduldig die inzwischen vorliegenden Zahlen durch, diskutierte die Rangfolge, die sich daraus ergab. Sie beobachtete sehr aufmerksam, dass sie sich zu ihrer eigenen Reihenfolge und schließlich zu einem noch einmal anderen Primärziel bekannten, das zwangsläufig die Aufmerksamkeit von Wettbewerbern auf sich ziehen musste – und von künftigen Investoren.

Etwas benommen traten die beiden dann nach draußen, um mit ihren Leuten noch ein wenig herumzuschlendern und zu sehen, wie es an den anderen Zelten zuging.

 

Die GRÄFIN würde überall vorbeischauen, auch dort, wo sie nicht persönlich die Interviews führte. Er verzichtete darauf, sich das im Einzelnen anzusehen. Als Autor hasste er die ständige Erbsenzählerei in dieser Programmschicht. Aber er wusste, dass sie notwendig war. Jetzt würde sie noch den UXEES anbieten, in Zukunft direkt für SC zu arbeiten. Dann war alles bereit für die nächste Schicht, die nächste Phase. Die Angebote dieser kleinen, aber feinen Community würden sich auf dem Markt verteilen. Dort aber so flimmern, dass auch diese selbst mit Sicherheit gefunden werden würde.

Und da kamen sie auch schon. Die hier noch gleichgekleideten Agentinnen und Agenten der Daring Community (DC), die nur auf diesen Moment gewartet zu haben schienen. Wie an der Schnur gezogen, gingen sie auf einzelne Begegnungszelte zu. Aber sie traten erst ein, als ihre Koordinatorin mit GRÄFIN ZAHL gesprochen und SC ein Übernahmeangebot gemacht hatte.

 

Genau diese Szene wollte er noch etwas detaillierter beschreiben. Doch da tauchte sie schon auf, stieg erst gar nicht ganz vom Rad und überraschte ihn mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen, was sie auf dem Heimweg noch rasch einkaufen konnten. Erst hier, dann da, damit sie endlich einmal zusammen loszuziehen konnten, um endlich dies und das zu sehen, das es in Eunet gebe. Auch noch, und immerhin schon. Für die Abendbesprechung habe sie schon alle Punkte vorbereitet. Aber gemeinsam etwas zu erleben, das habe Priorität.

Es war genau der Text, den er ihr an diesem Tag geschrieben hätte.


Programmnotiz

Leitfarbe: GELB (Phase 1)
Integrale Innovation: 3. singulär anbieten
Identität im Netz (Kreativprozess): Inkubation
U-Prozess- Kommunikation: Interessen (Gefühle: Interessenebene)
Agile Projektplanung (Designthinking): Understand (Define)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen: als Netzgründungs-Variante):
(qualifying tests)

(Die Zauberflöte hatte ihm eines Tages draußen im Walde eine schöne Frau geschenkt, nachdem er einer alten Frau über den Fluss geholfen hatte. Seit er einen Fuchs aus der Falle befreit hatte, verstand er auch, was die Tiere sagten und konnte mit ihnen sprechen.)

Doch die anderen Ritter ließen es sich nicht verdrießen. Jeder kam aus einem anderen Land, hatte eine andere Rüstung und trug andere Waffen. Und jeder der künftigen Prinzen versuchte es auf seine Weise, denn alle hatten sich in vielen Turnieren und mit vielen Versuchen vorbereitet. Und jetzt beobachteten sie sehr genau. Doch das tat offensichtlich auch der Drache.

 

Protokoll:

Die Gründerinnen können wie alle, die auf dem Eunet-Markt überleben wollen, ein nach Haupt- und Nebenkriterien differenziertes Angebot unterbreiten, das sich als Ganzes von konkurrierenden Angeboten unterscheidet.

So könnten sie sich auf dem Eunet-Markt und damit in Eunet und Umgebung nachhaltig behaupten. Allerdings schließt das die Neudefinition ihrer Identität nicht aus, sondern scheint sie vorauszusetzen. Vielleicht wird das auch für ihr Angebot und für die Marktumgebung im Ganzen gelten.

Marktangebote, Nachhaltigkeits- und Stabilitätskriterien lassen sich auf Grund realer und simulierter Rückmeldungen im Einzelnen auflisten und priorisieren.

Wenn das abschließend erfolgt ist, muss einiges ergänzt und nachgebessert werden, um einen stabilen (Markt-/Handlungs-) Prozess zu gewährleisten.


Sie hatten sich auf eine Route geeinigt, auf der sie sich abwechselnd etwas zeigen und erzählen konnten. Die Kirche sparten sie aus, weil sie direkt am Marktplatz lag. Aber natürlich begannen sie beim Schloss am See, das später Prunksäle bekommen würde. Es könne aber schon jetzt als jenes Internat funktionieren, von dem aus schon der damalige Kronprinz das Segeln … Und er selbst hatte dann dort … Und einmal waren dabei …

So ging es weiter. Vorbei an einem der zahlreichen am Seeufer thronenden Herrenhäuser, die einstmals wirklich weiß waren, an denen er aber jetzt auch schon schmutzige Gelbtöne wahrzunehmen meinte. An den leeren Hotels, die wie große Herrenhäuser aussahen, an verwaisten Gasthäusern mit Terrassen, die in den jeweiligen See hineingebaut waren, bröckelig, aber nicht nur der vergangenen Krise wegen ohne Gäste. Das übergroße Pastorat im Außenbezirk, mit maroden Türen, klapprigen Fenstern und klobigen Anbauten. Schließlich noch die im Prinzip kuschelige kleine Pension unten am anderen Seeufer nahe am Haus. Direkt neben dem Wander- und Radweg, der immer noch auch für Kutschfahrten benutzt wurde. Hier kam er nach der Frühschicht immer beim Joggen vorbei, täglich fitter. Jetzt erinnerte er sich und sagte ihr blöderweise, wie sie damals in dem jetzt nur halbwegs blickdichten Garten …

Überall erläuterte sie dann die besonderen Umstände, in denen sie jetzt unterwegs waren und dass das alles bald besser aussehen könne, wenn sie beide sorgfältig arbeiteten. Er schwadronierte weiter von Kursen und Tagungen, Schulungen und vor allem Workshops, die es dort gegeben habe und die man ja dort wieder organisieren könne. Und was sich da alles Spannendes ereignen könne, wie früher.

So kam er wieder auf die Menschen zu sprechen, die man von hier aus besuchen könne. Die erste schon morgen zwischen Job und Abendsitzung. Dann am besten immer abwechselnd mit den angekündigten Besuchen, für die er eine Reihenfolge ausarbeiten wollte. Alle könne man befragen und sich dann mit ihnen absprechen, um gemeinsam zu planen. Erstmal ..., dann …,

Da fiel ihm auf, dass sie inzwischen verstummt war.

 

Sie waren beide froh, als sie wieder zuhause waren. Sie hatte wirklich alles gut vorbereitet. Die Sitzung, das Essen, das sie fast schweigend absolvierten. Dann wollte sie allein sein und stapfte hinaus ins SOLITÄR, das nahe gelegene Waldrefugium des Hauses.

Diesmal trank er, weil er sich beschissen fühlte. Es wurde besser, als er jetzt allein die Stationen durchging, die sie gesehen hatten, und er sich im Einzelnen vorstellte, was man hier und was man dort noch tun müsse und welche methodischen Abläufe man dort etablieren könnte.

Dann kam sie zurück, und er sah, dass sie geweint hatte. Er trank allein weiter und ging erst ins Bett, als er sicher war, dass sie fest eingeschlafen war. Sie lag nackt wie immer unter der Decke, aber mit angezogenen Knien zur Seite gedreht. Vorsichtig legte er sich daneben. Er blieb auf dem Rücken, um den Kopf nicht bewegen zu müssen.

Der Wecker für die Frühschicht, in der sie beide in weit getrennten Räumen arbeiteten, war gestellt und würde funktionieren. Morgen war ein anderer Tag.

EMPATHIA

Samstags war der Markt Veranstaltungsplatz. Dann wurde dort anders, aber eben auch angeboten, ver- und gekauft.

Das Schaustellergewerbe war schon nachts mit seinen Spezialfahrzeugen angerückt und hatten mit dem Aufbau begonnen. Dann waren Jahrmarktverkaufswagen und Foodtrucks an ihre markierten Stellen gefahren, hatten ihre Läden hochgeklappt, die Deko angebracht und waren nun auch innen fertig. Die PKW der Klein- und Gelegenheitsanbieter, die dazwischen rasch ihre Auslegetische aufbauen und füllen, waren längst wieder abgefahren.

Für Kinder gab es jede Menge Süßigkeiten, billiges Spielzeug und kleine Karussells. Für Familien standen Schieß- und Wurfbuden da, und es gab den abgestellten großen Hänger mit den eindrucksvollen Preisen, vor dem Lose verkauft wurden. Speziell für die Jugend drehte und wand sich leise polternd und immer rascher werdend eine Raupe mit plötzlich sich schließendem goldgelbem Verdeck zum Quietschen und Knutschen. Für alle stand brutzelnd und lecker riechend viel zu viel zu essen bereit, und auch schon zu trinken. Das Übliche halt, ein Standardprogramm.

Am Abend allerdings würde sich der Schwerpunkt auf die inzwischen aufgebaute Bühne direkt vor der Kirche verlagern. Ihre Außenwand war schon jetzt zu einem einzigen LED-Bildschirm geworden, der gelblich leuchtete. Vor ihm sollte IHR Auftritt stattfinden, für den seit Tagen überall geworben wurde, dafür hatte er gesorgt: PATHIA. Das schwingende, singende Schlangenwesen. Mann und Frau, halb Fisch, halb Mensch. Gefährlich und unwiderstehlich zugleich.

 

Er war stolz auf sie und wollte sie unbedingt in Aktion erleben. Das würde er begründen können. Denn es war immer auch ein Beziehungsmarkt, auf den sie täglich blickten. Und er wurde stets angetrieben vom Begehren. Genau das würde man dann sehen, durch alles Vergleichen, Abschätzen und Feilschen hindurch. Letztlich ging es um Leben und Tod: beim Essen wie in Beziehungen. Das würde jetzt deutlich werden wie nie.

Vorläufig liefen überall noch die kleinen Deals, jene Minidramen, an denen die inzwischen von DC gecasteten und immer noch von der GRÄFIN angeleiteten SC-Leute gut mitwirken konnten. Es wurde ja nur gekauft, was mit guten Gründen auf den Markt gebracht worden war. Und dabei konnten auch die kleinen Objekte des Begehrens plötzlich sehr wichtig werden. Eltern merkten es, wenn das Geschrei vor dem Zuckerwattestand plötzlich losging oder wenn die älteren Kids am frühen Abend unbedingt noch einmal alleine loswollten und um Geld für jede einzelne Fahrt kämpften. Denn dabei erfüllten sich vielleicht andere Wünsche.

Welche das waren, würde sich erst später unverhüllt zeigen, das wusste er. Und daher spulte er nun entschlossen vor und ließ es dunkel werden auf dem Platz.

Er stand jetzt mitten unter den Zuschauern, die Bühne war direkt vor ihm. Ein 4-D-System hatte die Außenwand der Kirche zum gelben Bühnenhintergrund werden lassen, der zu pulsieren begann, als PATHIA aus ihm herabstieg, zunächst unsichtbar. Denn sie trug ein enganliegendes ebenfalls gelbes Seidenkleid, das mal nach links, mal nach rechts zuckte, als sie immer näherkam und alle nur noch auf die Hüften blickten, die sich nach vorn und nach hinten bewegten, mit jener Drehung, die seine und ihre zugleich war. Die jede und jeden in sich aufnahm, ganz nach innen, tief und hoch hinein – bis das zurückblickte.

Das hatte man immer gewollt. Eins zu werden mit diesem rhythmischen Klang, der von überall her zu kommen und überall zu sein schien. Er griff innen zu. Als pulsierender Sog aus der Ferne, der nach vorn riss.

Alle hatten es gewollt. Deshalb waren sie gekommen. Aber jeder und jede wollte es für sich allein, um jeden Preis. Deshalb war nun auch jedes der gelben DC-Gewänder vor ihm in einer eigenen Variante gestaltet. Jede und jeder wollte gesehen und erwählt werden: dieses allmächtige, einmalige Wesen für sich haben – oder sterben.

Und so drängten sie sich nach vorn. Aneinander vorbei. Schließlich, als die ersten gestürzt waren, übereinander hinweg. Hinauf auf die Bühne. Die ersten streckten wie er die Hand nach ihm aus, nach ihr …

 

Sie war plötzlich weg. Alles war weg. Die Bühne war nicht mehr zu sehen. Auf der Kirchenwand erschien eine schnöde Projektion: STÖRUNG. Kurz ging überall die gelbe Notbeleuchtung an. Dann brannten überall wieder die abendlichen Lichter, die Karussells drehten sich weiter und dudelten und klingelten leise vor sich hin, als ob sie nie aufhören würden. Man hörte die Stimmen von späten Passanten, die von Stand zu Stand gingen. Einige wirkten allerdings ziemlich benommen.

Er war sauer. Das war sie. Aber er beruhigte sich schließlich und schlendert mit den anderen umher. Das Angebot war jetzt besonders – einfach. Was man brauchte. Und immer gerne haben wollte. Und jedenfalls auf dem Jahrmarkt doch auch immer irgendwie bekommen hatte, wie man sich später erinnerte. Er lächelte jetzt, wenn er daran dachte.

Erst jetzt bemerkt er, welche Mühe sie sich gegeben hat, auch auf ihn einzugehen: Kleine flache Papierblumen, wie es sie früher gab, fast umsonst. Als er die entfaltete, die man ihm eben sogar geschenkt hatte, stieg ihr Feuerwerk für ihn auf und er hörte seine Lieblingsmusik, wie gleichzeitig wohl jeder, der versunken neben ihm an dem kleinen Marktwagen stand. Ähnlich ging es denjenigen, die Lose gekauft hatten. Sie entrollten ihre perfekt verschlüsselten lebenswichtigen ID-Daten: für Reparatur und Restart, wie sie kein Kontrolleur aus der Hand geben durfte.

Neugierig, was ihr sonst noch eingefallen ist, biegt er um die Ecke – und sieht ein paar Stände weiter, vor einer kleinen Gruppe von Marktbesuchern: sie stehen, die eben noch auf der Bühne war. Dezent und elegant gekleidet, passt sie jetzt gar nicht schlecht zu den DC-Leuten, die nun wieder aussehen wie sonst auch. Sie verhandeln professionell. Er schaut gebannt zu, wie sie emphatisch zuhört und engagiert reagiert. Mehrfach den Kopf schüttelt, dass die nun kurz geschnittenen Haare sich ausbreiten wie kleine Fächer, schließlich lächelt und einen kleinen Vortrag hält, bei dem nach jeder Pause ein weiterer Finger ihres immer noch gelben Handschuhs auf die Koordinatorin gegenüber zeigt. Die DCler stecken kurz die Köpfe zusammen. Dann allseitiges Nicken und ein Händedruck.

Er kann den aufgedeckten Vertrag lesen: Engagiert. Nur: SERPENTIA darf nicht mehr PATHIA heißen. Sie will bei den DClern EMPATHIA genannt werden. Aber da ist sie nur für ihn. Ein Geschenk von ihr. So wie sie von ihm gesehen werden will. So wie sie ihn verstanden hat.

Er wartet auf sie. Sehr.


Programmnotiz

Leitfarbe: GELB (Phase 2)
Integrale Innovation: 4. singulär einkaufen
Identität im Netz (Kreativprozess): Inkubation (schwache Bindung)
U-Prozess- Kommunikation: Bedürfnisse (= Ebene)
Agile Projektplanung (Designthinking): Explore (Ideate)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen: als Netzgründungs-Variante):

Die stolzen Ritter fallen unter dem Todeshauch des Drachen einer nach dem anderen in denselben Staub, aus dem sich der Schweinehirt jeden Morgen erhebt, um fröhlich zur Arbeit zu gehen. Ihre Knochen bleichen unter der Sonne, ihre verschiedenen Rüstungen rosten alle im Regen.

Aber der Drache war mehrfach verwundet worden und ist jetzt sehr zornig. Jetzt will er sich statt des Geldes die Prinzessin selbst holen – und den König gleich mit. Und er macht sich gleich auf zum Schloss.

Nun ist guter Rat teuer.

 

Protokoll (nachträglich):

Die Krise auf dem Eunet-Markt hat das Eunet-Projekt gefährdet! Nicht nur die Gründerin muss sich neu definieren, um den Fortgang der Handlung zu gewährleisten.

Angebot und Nachfrage lassen sich stets auf das reduzieren, um das es den Beteiligten eigentlich geht. Dann laufen die Markt- und alle anderen Prozesse stabil.

Die dann möglichen, aber auch notwendigen Neuangebote setzen allerdings eine Ausweitung des Gesamtangebots, fremde Gründungspersonen und eine Erweiterung des Projekt- (Markt-, Handlungs-) Bereiches voraus.

Das bietet neue Chancen – könnte aber auch neue und andere Risiken nach sich ziehen. Ein engeres Controlling und dessen Neuorganisation erweisen sich als notwendig.


In der abgelegenen Ecke des städtischen Seegartens, die sie gefunden hatte, konnte man die Stille hören, weil es nirgendwo mehr ein Maschinengeräusch gab. Erst nach einiger Zeit kam ab und zu ein leises Plätschern vom Ufer herüber. Gelegentlich summte ein Insekt vorbei.

Sie hatte diesmal wirklich alles perfekt vorbereitet. Das notwendige Abhaken ging mühelos, wie von allein. Schon waren sie beim Picknick, dann ließen sie auch das. Und schauten sich nur an. Bis sie sich so nahe waren, dass hier eine Träne fiel und dort auch. Weil sie so viel voneinander wussten und sich doch so nahe waren.

Sie schwimmen nackt zur Insel hinaus, die bei seinen Romanfiguren Liebesinsel hieß. Es war die Verbotene Insel.

Beim endlosen Schwimmen werden sie eins miteinander und mit dem Wasser, das sie umgibt. Dann glaubt er ganz aus der Ferne wieder jenen stampfenden Rhythmus zu hören, der immer noch in ihm ist, heftiger wird, drängender, und dem er sich jetzt ganz überlässt. Auch weil er ihn wie von selbst immer näher zieht. An Algen vorbei und durch Schlingpflanzen hindurch, die an seinem Bauch vorbeigleiten, gelegentlich nach seinen Beinen greifen und ihn langsamer werden lassen, stoppen.

Er sieht und hört, fühlt und schmeckt gar nichts mehr und ist mit dem pulsierenden Rhythmus allein.

 

Es wird weiß und stumm. Grell weiß, bunt und laut. Dröhnend laut. Ding - Dong! Gloria. G-L-O-R-I-A! Pferde, Pferde, Pferde! Und dann stampft er eng an andere Nackte geschmiegt im Kreis, Hin und her, vor und zurück. Miteinander, umeinander. In der Mitte, leicht erhöht, sitzt lachend MAX4YOU. Scheinbar unbeweglich, doch er vibriert vor Energie. Er schaut jede und jeden an. Obwohl sie sich mit dem drängender werdenden Trommelklang immer schneller um ihn drehen und um sich. Er weiß nicht, von wem gerade umschlungen.

Jetzt sieht er sie in der Mitte sitzen und ihn anlächeln. Obwohl er sie doch gerade nackt und nah wie nie im Arm hat, sich ihr entgegenreckt und sie im nächsten Takt auf sich heben will. Doch da dreht sie sich noch einmal herum und ist eine seiner anderen. Von vorher, aus den Seminaren.

Dafür hockt in der Mitte wieder MAX4YOU. Immer öfter nickt er einem der zuckenden Leiber leicht zu, auch ihm, der er nun alle ringsum zu kennen glaubt: aus den Träumen, die er hatte, aus den Büchern, die er geschrieben hat oder die er gerne schreiben würde. Sie sinken miteinander auf den Boden, wie er jetzt auch, eng umschlungen. Vereint im mal saugenden, mal stoßenden Takt.

 

Wabernd im Wasser will er neues Leben aus sich hervorstoßen, fühlt und hört, dass es sich ihm entgegenwölbt und reckt als ein großes JA und DU.

Jetzt ist er das JA und DU. Und sieht sie an.

Sie liegen beieinander und halten sich fest. Sie haben sich gefunden als zwei, die klammernd und loslassend gehalten werden wollen. Unter allen Umständen. Koste es, was es wolle. Wenn es geht, eine Ewigkeit lang.

SERAPHINE

Sie hat übernommen und sitzt an seinem Platz. Es ging nicht mehr. Die Abendbesprechungen hatten das immer deutlicher gezeigt. Sie konnte durch die Arrangements am nächsten Morgen nicht mehr ausbügeln, was er am Tag zuvor versäumt oder vermasselt hatte. Bald würden das auch die App-Analysen der Protokolle aufdecken, obwohl sie diese immer schon frisiert und schließlich alleine geschrieben hatte. Das wusste sie, sie war vom Fach.

Sie handelte in seinem Interesse. Es war besser für ihn. Er würde es nicht ertragen, wenn man ihm die Autorenrolle und den App-Laptop wegnahm, weil er auch am Safe Place EUNET nichts mehr zustande brachte.

 

Und noch aus einem anderen Grunde war es gut, dass sie jetzt hier saß. Sie hatte ihm die Rahmengestaltung überlassen müssen, für die eigentlich sie verantwortlich war. Und sie ahnte, was das bedeutete. Sie würde stärker kontrollieren müssen als je zuvor, was sich auf dem Markt ereignete und wer sich dort herumtrieb. Über die starken Funktionen der letzten Phasen und Schichten konnte er sie nicht nur durch kleine Scherze grüßen, wie sie es getan hatte. Wenn er von ihrem Platz aus das schöpferische Genie gab und wenn dann die Pferde mit ihm durchgingen, würde es hier gefährlich werden. Für alle.

Jetzt hatte sie alles noch einmal durchlaufen lassen, hier und da einiges geglättet und nachkorrigiert – und konnte loslegen.

Es ging heute, am Sonntag, noch einmal um die Kirche. Die war aber in dieser Episode nicht nur Kulisse. Sie sollte zum Netzort schlechthin werden.

SERAPHINE würde dort auftreten. Auf den Namen hatten sie sich nach seinem nächtlichen Ausflug geeinigt. Für ihn war sie ein Spiegel-Avatar auf der Innenwand, die sie ihm gestern unvorsichtigerweise als äußere Projektionsfläche überlassen hatte. Sie konnte jetzt beides nutzen. Wenn er ihre Arbeit so weiterführte, wie er es bei ihr gesehen hatte und wie er es sich heute früh noch einmal kleinlaut hatte erklären lassen. Und wenn er sie jetzt in Ruhe seine Arbeit tun ließ – so wie sie es verantworten konnte. Und wie sie es eigentlich schon immer gern einmal selbständig hatte tun wollen.

Einfach war es für beide nicht, aber verlockend. Die DCler wollten einen Netz-Modellort schaffen, gerade hier, gerade jetzt. Gerade weil es hier weit über den lokalen und aktuellen Bedarf hinausging. Es sollte zukunftsweisend sein. Vielleicht eine globale Expansionsperspektive eröffnen, zunächst aber erst auf einer nationalen Ebene Nachhaltigkeit sichern. Sie betrat neugierig den Kirchraum, der noch nach Baustelle roch und immer noch nicht ganz fertig war (was sie nicht wirklich überraschte).

Und zuckte gleich wieder zurück. Als sie drinnen war, war sie wieder draußen. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Aber tatsächlich. Es funktionierte. Wie durch die Kirchenwand hindurch sah sie jetzt auf den Markt hinaus. Wenn sie sich konzentrierte, sah sie durch das Restaurant vor der Kirche hindurch auf den Außenbereich mit den Holztischen und Bänken, die jetzt schon gut besetzt waren. An ihrem Brunnen vorbei, hinweg über den im Sonntagsbetrieb erstaunlich belebten Platz und am Rathaus vorbei, bis sie sich dann drüben im Café sitzen sah, besonders hübsch gekleidet. Sie sah vom Laptop auf und konnte sich selbst zuwinken. Am Laternenpfahl daneben stand ihr sportlich schwarzes Rad.

Wenn sie sich weiterdrehte, konnte sie in den ummauerten Kirchplatz auf den Weltladen und dann auch in ihn hineinsehen, als sie sich leicht vorbeugte. Er war jetzt geöffnet und ebenfalls gut besucht, auch von DClern. Tat sie einen Schritt zur Seite, ins Nebenschiff, sah sie die Unter- und dann die Innenstadt. Wenn sie sich hier bewegte, erschienen die nahen und fernen Vororte. Wieder zeigte die Zoomfunktion, wo und dann wie sie am anderen See wohnten. Er winkte aus ihrem Arbeitszimmer – und wies dann um sie herum rückwärts Richtung Markt.

Sie sah nun, dass von überall her Leute in die Kirche kamen. Unbefangen und ein bisschen neugierig, wie sie eben. Mit ihnen wollte sie anschließend Nutzungsprofile dieses besonderen Ortes testen. Es kamen aber offensichtlich auch Leute, die nur er kannte und die er besonders motiviert haben musste. Sie waren notwendig, hörte sie ihn sagen, damit die Netzgeschichten, die hier als Muster inszeniert und dann überall aufgeführt werden sollten, überhaupt entworfen und geprobt werden konnten.

Das macht ihr sofort wieder Angst. Aber dieses Gebäude stand ja nicht zufällig als Kirche da. Es würde auch als Netzort der Zukunft wie eine Kirche funktionieren: darauf hatte sie von Anfang an gezählt. Schließlich war es die ZUKUNFTSKIRCHE. Er hatte den Ausschreibungsentwurf mitgenommen in den Schreiburlaub. Das Projekt war von ihm in seinem ehrenamtlichen Ruhestandsengagement entworfen worden. Und er konnte sich nicht von ihm trennen, obwohl man diesen genialen Entwurf zu Hause rundgeschliffen hatten bis zur Unkenntlichkeit. Gestern hatte er ihn ihr wortlos rübergereicht, und sie hatte ihn mitgenommen in ihr SOLITUD, wie sie es umbenannt hatte. Dort hatte sie die restliche Nacht hindurch gesessen und konstruiert.

 

Im Netzzeitalter musste das narrative Programm für die Kirche der Zukunft natürlich ein Netzort-Programm sein. Es hieß Sammlung und Sendung. Sie konnte das einfach abkupfern. Für die DCler schien das ein passender Rahmen geworden zu sein. Wenn das Konzept funktionierte, würden sich seine und ihre Leute hier so vernetzen, dass sie die App im Kopiermodus weiterlaufen lassen konnte. Mit SERAPHINE als Anschlussmodul und Prozesskatalysator.

Genau hier. Sie sicherte der Community EUNET-ORT als Netznamen, Netzbild und Netzadresse, so dass sie für alle auffindbar wurde.

Und genau jetzt: Wenn sich ihre Mitglieder so verhielten, wie der Bauplan der Zukunftskirche es vorsah.

Dann drückte sie auf ENTER.

 

Der Anfang sah gut aus, natürlich jetzt vorwiegend in Blautönen. Sie waren allein gekommen oder in kleinen Gruppen, mit gemeinsamen oder sehr speziellen Anliegen, für die sie drüben im Rathaus kein Gehör fanden. Weil es entweder noch zu früh oder schon zu spät war. Anfangs klangen auch ihre Stimmen drinnen wie draußen. Dann ließ sie es ruhig und ruhiger werden im Hauptschiff, das jetzt aussah wie ein gotischer Dom. Man glaubte Orgelklänge zu hören. Aber auch die verstummten.

Später ging man in kleine Nischen, die sich jetzt überall auftaten, um auf einem Teppich ein Gebet zu verrichten, sich vor einer Statue zu verneigen oder eine Kerze anzuzünden. Sie hörte im Vorbeigehen verschiedene, teils sehr fremde Laute und Geräusche und war zufrieden. Entschied sich aber, auch die perfekt umgesetzte Treppe mit hinunterzusteigen: hinab in ein Gewölbe, vermutlich eine Krypta, wo einmal der Ursprung dieser Kirche gewesen sein konnte. Wo aber auch allerlei aufgehoben war und wohl nicht vergessen werden sollte, dass auch zur neueren Geschichte dieser Gemeinde gehörte: schmerzliche Spuren von Unrecht, Enttäuschung und Verrat. Noch tiefer hinab ging es dorthin, wo man in Katakomben verlorene Ursprünge oder in Höhlen erste Anfänge suchen konnte. Schutz finden konnte und Geborgenheit. Als summend, murmelnd vereinte Gemeinschaft. Zu zweit. Schweigend. Allein.

 

Langsam wurde es wieder heller. Sie ließ mehr Sonne durch die blauen Kirchenfenster fallen. Es gab eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Man plauderte ein wenig und nahm dann die Plätze vor der großen Wand ein, vor der sie erscheinen und zu ihnen sprechen würde.

Dieser singuläre Ort öffnete sich jetzt in seiner Weise für alle, die mit ihren eigenen Geschichten hier waren. Hier würde Neues möglich werden.

Nur für sie nicht. Sie war drinnen draußen. Schaute sich und ihnen über die Schulter. Blickte vor und zurück. Wo würde es hingehen mit SERAPHINE? SPIRALE wurde zu ihrem Spitznamen, als sie jung war: das sah sie vor sich. Gehalten hatte der sich allerdings, auch das präsentierte ihr die App, weil man damals schon nicht wusste, wohin man sich mit ihr gemeinsam schrauben würde, wenn sie einem erst einmal den Kopf verdreht hatte.

Sie war erst einmal in die Stadtmission gegangen und dann hinaus in ehemalige Missionsgebiete, um überall soziale Netzwerke aufzubauen, ehe sie als Community-Netzwerkerin zurückgekommen war. Und nun war sie hier: in EUNET, und vernetzte vor allem in dieser Kirche. Und aus ihr hinaus hinein in die Welt und zurück. So wie das jetzt nur hier ging. Auf dem Markt mit dem Markt. Am Markt gegen den Markt. Menschen miteinander.

So hatten die DCler sie eingekauft. Für was auch immer. Vermutlich würden sie auch heute von ihr begeistert sein. So wie ihr Propst es sein würde. Denn er hatte sie in ihrer Eigenart ertragen und von Fall zu Fall gedeckt, weil er hoffte, sich für den Rest seiner Amtszeit hinter ihr als Netzwerkerin der Zukunft verstecken zu können.

Doch jetzt wurde ihre Zukunftsvision sichtbar. Der Raum der Möglichkeiten würde sich durch ihren Auftritt schlagartig erschließen.

 

Sie wartete das Ende der Auswertung nicht ab – weil sie es kannte. Denn er war offensichtlich wieder obenauf und kam sehr pünktlich angeradelt. Sie waren beide mit SERAPHINE verabredet, sobald sie aus der Kirche kam. Sie war nervös, als sie den Laptop zuklappte. Obwohl bis jetzt ja alles gut gegangen war.


Programmnotiz

Leitfarbe: BLAU (Phase 1)
Integrale Innovation: 5. den singulären Ort finden (Controlling-Rückblick auf 4)
Identität im Netz (Kreativprozess): Illumination
U-Prozess- Kommunikation: Lösungsraum (Bedürfnisebene)
Agile Projektplanung (Designthinking): Explore (Prototype)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen: als Netzgründungs-Variante):
(glorifying test)

Doch da trat ihm der Schweinehirt entgegen, zieht seine Flöte aus der Tasche und spielt nun jene ganz besondere Weise, die jetzt den Drachen ebenso bezaubert wie zuvor die Königstochter. Der legt sich auf den Boden wie ein Schoßhündchen, hört was er hören will und soll, und dann erhebt er sich in die Luft und macht sich auf und davon.

Da muss der alte König sein Versprechen einlösen. Er macht den Schweinehirten zum Prinzen, gibt ihm seine Tochter zur Frau und dankt ab.

Da wird aus dem Schweinehirten der neue König, der immer wieder erstaunt durchs Schloss geht und sich überlegt, was er jetzt alles tun könnte.

 

Protokoll (nachträglich):

In der (Kirchen-) Umgebung von Eunet-Markt sowie in der Eutin-Projektumgebung scheint alles möglich zu sein. Beliebiges und oft zweifelhaftes Gründungs- und Handlungspersonal scheint von überall her ins Bild zu kommen.

Aber das lässt sich jeweils auf Projektvarianten (Ablauf-Alternativen) zurückführen, die sich bei näherer Betrachtung (im weiteren Verlauf) unterscheiden und je für sich gewichten lassen.

Sie gehen zurück auf eine in dieser Konstellation schwer vermeidbare interne Spiegelung der AutorInnen-Funktion, die im weiteren Verlauf gesondert kontrolliert werden muss.

Immerhin erschließt sich so insgesamt der Handlungs- (Angebots‑) Markt als singulärer Möglichkeitsraum, der als solcher attraktiv ist.

Wie man sieht, auch für bislang Außenstehende, die hier neue Markt- und Handlungsmöglichkeiten erkunden können. (Wodurch sich vorab bereits erweiterte Controlling-Notwendigkeiten abzeichnen, zum Beispiel beim Referenz-Zaubermärchen.)


Sie hatte einen Rückfall. Das war offensichtlich. Sie waren nach dem Gottesdienst in seinem Schreibcafé am Markt verabredet, um sich nach dem Gottesdienst mit der Pfarrerin zu treffen. Deren überdimensioniertes Gemeindezentrum schien ihm früher einmal der ideale Ort für Seminare am Schreibort zu sein. Daraus war nie etwas geworden. Aber er dachte, es würde ihr guttun, wenigstens eine seiner Bekannten einmal wirklich kennenzulernen und gleichzeitig einen weiteren EUNET-Ort in Augenschein zu nehmen.

Sie waren nach dem Treff zusammen hinausgeradelt in den tristen Vorort (immerhin auch mit eigenem kleinem See) und hatten sich die riesigen Versammlungsräume aus dem Fax-Zeitalter angeschaut. Sie war aber immer nervöser geworden. Und in Panik geraten, als sie sich auf der Suche nach der Toilette in den verwinkelten Kellerübergängen zum Pastorat verlaufen hatte, in den Konfirmandinnen und Konfirmanden schon einmal eine eindrucksvolle Andacht veranstaltet hatten. Sie mussten noch vor dem Kaffeetrinken überstürzt aufbrechen und waren vorhin zurückgekehrt ins Große Haus am anderen See.

Sie war schon wieder in SOLITÄR. Er saß an ihrem Arbeitsplatz und hatte gerade erst die Datei gefunden, die er so dringend gebraucht hatte. Er musste erst einmal korrigieren und ergänzen, ehe es weitergehen konnte. Zunächst allein, dann vielleicht wieder mit ihr zusammen.

Ihr Ansatz bei seinem Ausschreibungstext war genial. Aber sie hatte überzogen, typisch für ihre Gamer-Biografie, und sich dann in ihrem eigenen Entwurf verlaufen. Das waren ihre Traumatisierungen. Aber es gehörte ja zu seinem therapeutischen Ansatz, das irgendwie irgendwo einzubinden.

Er rahmte zunächst die großen Projektions- und Präsentationsflächen an den Außen- und Innenwänden. Die Prisma Funktion draußen differenzierte er aus in Spiegel-, Fenster-, Brennglas- und Projektionsfunktion. Innen sicherte die Licht- und Funktionsgestalt der Kirche zwar multimedial eine holografische Funktion, vor allem im Hauptraum. Und man konnte in unterschiedlichen Nutzungsprogrammen durch Zuschaltung und akustische und optische Abschirmung zwischen separierten und bündelnden Präsentationen wechseln – wie sie es wörtlich aus seinem Ausschreibungsentwurf übernommen hatte. Aber man musste eben auch unterscheiden zwischen den einzelnen Funktionen und zwischen drinnen und draußen. Das hatte sie übergangen, und er verankerte es erneut.

Wobei ihm das Herz blutete: denn hier konkretisierte sich ja jener architektonische Ansatz, an einem nicht beliebigen Ort das Netzzeitalter ikonisch zu gestalten. Und er musste nun auch drinnen herabstufen, woran sie sich vorher draußen gemeinsam ausgetobt hatten: jene Erfahrungsverdichtung, die architektonisches Programm war – die sie aber in einem ersten Schritt als eine Art Gang zu den Müttern gestaltet hatte, in einem rein religiösen Kontext. Natürlich war das schief gelaufen. Sie hatte das nicht durchgehalten und abgebrochen.

Seine Kirche sollte das ästhetisch vermitteln, und so würde man das auch in den großen Architekturbüros angehen. Die ZUKUNFTSKIRCHE sollte transformativ funktionieren – ebenso wie die programmatischen Kunsttempel dieser Epoche. Die öffneten sich der Zivilgesellschaft, um diese zu konzentrieren, zu konfrontieren und um in ihrer Art dazu beizutragen, sich den disruptiven Veränderungsherausforderungen der Gegenwart zu stellen. So stand das alles auch in seinem Entwurf, den er bei ihr wiedergefunden hatte.

Er ergänzte und präzisierte, bis der große Innenraum wieder als eine Art White Cube sowohl für Gottesdienste als auch für Konzerte und Ausstellungen nutzbar war. Eben: Liturgische und soziale Funktionen waren integrierbare, aber auch spezifizierbare Resonanzraumfunktionen.

Er ging davon aus, dass Plenarsaal wie Nebenräume immer weniger für lokale Gemeindeveranstaltungen, sondern für Hybridveranstaltungen sich herausbildender Netzgemeinschaften genutzt wurden. Aber er wusste und alle wussten, dass es auch im Idealfall schwierig sein würde, an diesem Ort das exemplarische Narrativ des Netzzeitalters (wie er es genannt hatte) als Kirchengebäude zu gestalten. Er selbst zählte dabei auf die Netzwerk-App, deren Entwicklung sein Lebenswerk war und die er zusammen mit den EXEN schon seit Jahren entwickelte und erprobte. So dass beide die nun natürlich auch in seinem Schreiburlaub vor sich hatten.

Aber bei der Anwendung in diesem Projekt hätte er gerne weiterhin jene spezifischen Erfahrungen eingebracht, die er sich bisher zu eigen machte. Bisweilen rücksichtslos, wie er sich nun eingestand.

Andachts- und Rückzugsmöglichkeiten waren drinnen ebenso selbstverständlich integriert wie die liturgischen Standardfunktionen. Gerade in der Netzperspektive markierten sie im Zusammenspiel mit der markanten äußeren Form und dem ikonischen Kreuz auf dem Turm die auch den DClern wichtige Singularität dieses Ortes. Aber dazu gehörte eben auch die globale Vernetzung des HEXEN-Netzwerks, das die Pfarrerin dort aufgebaut hatte: die Webseiten der Lepra-Hilfe und des Weltladens, der Solidaritäts- und Selbsthilfegruppen. Es musste anschlussfähig bleiben an das informelle und koordinierende EXEN-Netzwerk mit seinen Möglichkeiten. Aktuell lief dort etwas im Kontext eines Großprojekts, in das er beratend involviert war. Er würde deshalb zwischendurch kurz in die Hauptstadt müssen.

Die DCler arbeiteten in dieselbe Richtung – vielleicht ohne Näheres zu wissen. Aber solche Möglichkeiten wären draußen durch jene CAREX-Funktion offengehalten worden, die sie ihnen ins Lastenheft geschrieben hatten. Er startete die Umsetzung nun unwiderruflich durch eine Grundstücksteilung und durch einen Rahmenplan, der eine koordinierte Bebauung vorsah. Ein Doppelgebäude war an diesem Ort derart schwierig zu realisieren, dass dies wie von selbst eine Vision gemeinsamer Nutzung und Trägerschaft provozieren würde: vom gemeinsam betriebenen Café bis hin zur Betreibergesellschaft mit relativ unabhängigem Programmdirektor. Was ebenfalls die Anschlussfähigkeit an das Kirchen- und Diakonie-Netzwerk sicherte, dessen Möglichkeiten er mit seinen EXEN erkundete.

Obwohl dabei notwendigerweise auch sehr unfromme EXEN ins Spiel kamen, würde er das auch in die verkorkste Umsetzungssituation zuhause einbringen.

Er war mit sich irgendwie zufrieden und hatte sich wieder beruhigt. Aber er wusste umso deutlicher: Jetzt und hier musste er sich besser kümmern. Morgen wollte er sich mit einem kleinen Spaziergang an ihrem Haus-See begnügen. Er würde sie im SOLITÄR abholen, oder besser: in SOLITUD, wie sie sagte. Dann würde er ihr einiges aus der näheren Umgebung zeigen, das er von früheren Aufenthalten her besser kannte als mancher Einheimische: als Vorbereitung zu einem größeren Ausflug zum nahen SCHWARZEN SEE.

 

 

SOLITUD, verborgen in einer Lichtung unten am anderen See, ist ihr letztes Refugium. Zu dieser nahen Wald-Dependance des Großen Hauses, das sie während ihres gemeinsamen Projekts bewohnen, findet sie inzwischen auch nachts. Sie weiß, dass sie jetzt nicht woanders hinkann. Und sie will es auch nicht. Ihm darf sie jetzt nicht zu nahekommen. Er muss allein sein mit seinen Plänen, Entwürfen und Umsetzungsideen. Und sie muss zwischendurch mit sich allein sein, auch wenn es ihr schwerfällt. So ist sie gefangen und frei zugleich.

Ihm geht es schlecht. Seine Zügellosigkeit gefährdet das Ergebnis und die Form ihres Projekts. Gerade jetzt, wo sie sich nahe waren wie nie. Aber genau das hält er nicht lange aus und flüchtet sich in die Rolle des saufenden Genies, das es überall mit jeder treibt. Letzteres, soweit sie weiß, zurzeit nur in dem, was er in die App eingibt, wenn er betrunken überhaupt noch dazu kommt. Aber das ist peinlich genug. In der einen wie in der anderen Hinsicht kontrollieren andere, wenn sie versagt. Aber arbeiten kann sie auch von hier aus.

 

Sie muss sich von dieser Phase an immer zunächst am narrativen Transformationsalgorithmus der App orientieren und konzentriert sich in den Standarddarstellungen ihres Bildschirms auf die dritte Dimension, in der sich die Phasenentwicklung abzeichnet. Hier sieht sie sofort, dass die unterschiedlichen Endzustände, die sich abzeichnen, entweder in Sackgassen oder im Chaos enden. Er kann weder mit den HEXEN noch mit den EXEN verantwortlich umgehen, die sie ihm überlassen hat.

Natürlich transformieren sie sich in allen Aufbauschichten des Programms, und natürlich durchlaufen sie dabei alle Phasen mit ihren je spezifischen Eigenschaften. Aber doch nicht beliebig abgekoppelt von den jeweiligen Voraussetzungen und stets eingebettet in spezifische Kontexte. Wie man gerade jetzt sah, wo auf und am Markt Bedürfnisse benannt und zum Thema geworden waren und wo scheinbar alles möglich war.

Sie zoomt sich in die Kirche, blendet EMPATHIAs unpassend missionarischen Soloauftritt aus (mit dem sie ihrer Meinung nach draußen auch populistische Patentlösungen, Wundersteine oder Wunderdiäten hätte verkaufen können) – und schärft die sozialräumlich-integrative Funktion nach: Offene Kirche in einer offenen Stadt, wie es im Entwurf hieß. Schon die dort aufgeführten Schutz-, Ruhe- und Beherbergungsfunktionen würden enorm dämpfen, was ihm noch einfallen konnte. Vor allem aber würde er sich produktiv und schadlos verheddern an dem von ihm selbst konzipierten Ort öffentlicher Selbstverständigung und Partizipation‘, zumal er diesen, als Resonanzraum für Betroffenheit und Protest‘ vordefiniert hatte. Sie schrieb im Regelwerk vor allem ein Vetorecht für jede und jeden fest. Denn das konnte sie über ihre Administratorinnenfunktion notfalls selbst wahrnehmen, um das Schlimmste zu verhüten.

Das Innovationslabor schließlich, das er umständlich als ‚Entdeckungs- und Erprobungsort kreativer Problemlösungen mit Inszenierungsmöglichkeiten im Rahmen iterativer Prozesse‘ beschrieben hatte, als er es stolz in seinen architektonischen Entwurf integrierte: es war nichts wirklich Neues. Es wurde erst dazu, wenn man es so nutzte, wie sie es jetzt gemeinsam erprobten. Und bei der Art, wie er jetzt damit umging, zweifelt sie daran, ob ihm das wirklich noch bewusst war.

 

Die EXEN würden auch nach ihren korrigierenden Eingriffen ihre Transformationschancen behalten. So dass sie ihm weiterzuarbeiten und ihn begleiten konnte, so gut und so lange, wie es eben ging.

Aber seine HEXEN machten ihr zu schaffen. Am Anfang war sie nur eine einzige und blieb eigentlich immer dieselbe. Sie selbst hatte sie einst heimlich aus dem mächtigen PROTEUS-Modul abgeleitet, einer personalisierten Spiegelfunktion, und dann in die App geschmuggelt, mit der sie jetzt arbeiteten. Aus ihr waren auch X4U und einige andere hervorgegangen. Es erleichterte ihr jetzt die Arbeit unter erschwerten Bedingungen. Aber sie gestand sich ein, dabei nicht nur an ihren Job gedacht zu haben.

Jetzt bereute sie es. Denn so wie er sah sie inzwischen Hexen überall auftauchen. So sehr sie sich auch bemühte, deren Transformationsmöglichkeiten zu kontrollieren.

Beim nächtlichen Bettenwechsel, der sich etabliert hatte, liegt sie nackt im Bett wie immer. Spiralig, wie er neuerdings sagt. Als er die Hand ausstreckt und sie berührt, überlegt sie, ob sie sich auf den Kontaktversuch einlässt.

Aber er will nur wissen: Are you real?

Sie waren real. Sie waren traumatisiert. Aber alles war möglich.

SHERIFA (SCHLEIFE)

Sie lässt die App jetzt einen normalen Markt-Montag in EUNET gestalten. Das Ergebnis sieht aus wie am Markttag zuvor, ist aber jetzt viel genauer im Detail und in Farbe (wobei sie den phasentypischen Blaustich etwas korrigiert). Was man auf den ersten Blick nicht sieht: EUNET ist nicht nur größer geworden, sondern auch eingebunden in Netze viel größerer Reichweite und Dichte. Was die Menschen auf dem Markt sind, braucht nicht mehr zugeschaltet zu werden, was sie dort bewegt, lässt sich auch drinnen bearbeiten. Sie könnte das Projekt im Rathaus ebenso begleiten wie in der Kirche, wo sie das geprobt hatten. Und sie kann überall vor- und zurückspulen. Schauplätze und Personenrollen sind vollständig narrativ vernetzt.

Prinzipiell kann sie diese mächtigen Funktionen einsetzen, von wo aus sie will. Gerade sitzt sie nicht im Café, sondern in ihrem Arbeitszimmer. Heute Morgen hatte er auf einen gemeinsamen Spaziergang bestanden und sie in SOLITUD abgeholt, wo sie übernachtet hatte.

 

Er verfüge über gewachsene Autorenkenntnisse über die Umgebung des Großen Hauses, das sie für die Projektdauer bewohnen. Das noch tiefer im Wald verborgene BIRKENBORN sei zwar oben von der Straße aus irgendwie zu erreichen, aber von nirgendwo aus zu sehen. Das sei wohl auch früher schon so gewesen, aber da müsse es einen Bruch gegeben haben. Darauf weisen seiner Meinung nach neben dem botanischen Missgriff bei der Namensgebung auch der oben auf einem Findling ungeschickt eingemeißelte Namenszug und der dort angebrachte, gewollt ungenaue Adressenhinweis hin. Die altertümelnden Schriftzüge sollten wohl darüber hinwegtäuschen, sagen die Einheimischen, dass dort immer wieder Autos mit fremden Kennzeichen einbiegen, deren Fahrer wohl vorher schon wissen, wohin sie genau fahren und was dort zu tun ist.

Er hatte versucht Genaueres herauszufinden, bislang vergeblich. Aber er kennt hier oben einen anderen Ort desselben Namens, auf dem er ganz am Anfang einen Teil seines jetzt wieder aktuellen Autorenwissens erworben hat, verdeckt finanziert von …

 

Sie revanchierte sich mit Details, die sie bei ihrem eigentlich gesperrten Weg durch die inneren Gärten Richtung SOLITUD herausgefunden hat. Etwa über das geheimnisvolle Netzschutz-Institut in dem Haus fast um die Ecke, das fast genauso aussieht wie ihr eigenes, das vorn ziemlich dicht an die abgelegene Ringstraße herangebaut ist. Oder über den Nachbarn gegenüber, der ihr tatsächlich schon aufgefallen war. Sie wissen weder genau, wo er herkommt, noch womit er sein Geld verdient, obwohl er doch regelmäßig …

„Ob der uns beide überwacht?“, fragte sie. Und persiflierte da schon seine Autorenrecherche, wie er das immer nennt, wenn er allein unterwegs sein will. Anfangs hatte sie bei den kurzen Stopps noch eifrig in ihr Tablett getippt, was allenfalls in das gemeinsame Projekt einzubringen war. Aber das meiste war nirgendwo anschlussfähig und geradezu skurril. Dann wollte er noch unbedingt den Abstecher zum SCHWARZEN SEE machen. Dort merkten sie, dass sie sich beide übernommen hatten.

Sie hatte ihm daraufhin angeboten, noch einmal seine Schicht zu übernehmen. Und er hatte erleichtert zugestimmt. Er würde sie heute nicht abholen. Er habe ohnehin noch einen Termin.

Inzwischen überblickt sie auch die neuen EUNET-Marktmöglichkeiten, die sich jetzt auftun. Sie hat gerade eine Aufstellung möglicher Projektergebnisse abgeschlossen, die sich daraus ableiten lassen. Sie hat sich dabei auf die neuen Vorgaben eingelassen, die sie jetzt erhalten haben, und erstaunt festgestellt, dass sich gerade aus seinen architektonischen Schikanen überall eine Doppelfunktion ableiten ließ, die auch in ihrer eigenen Projektperspektive einen Sinn ergab. Sie will die Liste bei der Besprechung mit ihm durchgehen und mit seinen Ideen abgleichen. Dann können sie die Positionen untereinander vergleichen und reihen und müssen dann nur noch priorisieren, um zügig weiter voranzukommen. Die Zeit wird knapp.

In ihrem vorbereiteten Abendschema unterscheidet und benennt sie überall lokale, regionale, schließlich selbst netzweite Waren- und Dienstleistungsangebote. Sie definiert sie alle als Modellprojekte. Über sie soll zuvor in EUNET-KIRCHE nach Grundkriterien diskutiert und partizipativ entschieden werden. Dann können sie alle in EUNET-MARKT regulativ beschlossen werden. Sie stellt Bewertungskriterien auf und fügt eine Priorisierungsspalte hinzu. Alles in der Hoffnung, über dieses Schema heute Abend auch dann noch entscheiden zu können, wenn er von einer seiner Autoren-Touren zurückkommt.

 

Zufrieden spielt sie danach noch ein wenig mit den unterschiedlichen Perspektiven, zwischen denen sie von hier aus immer noch schneller hin- und herswitchen kann als von ihrem Refugium aus. Oder wenn sie sich gleich ins Café einloggt: seine Autorenperspektive.

In dieser sieht sie ihn allerdings jetzt mit EMPATHIA (SPIRALE) oder der GRÄFIN, nein: mit einer Frau über den Markt gehen, die sie jedenfalls nicht aus dem Projektzusammenhang kennt. Auch die App muss nachschlagen und findet schließlich eine gewisse SHERIFA. Sie benennt sie gleich um in SPIRALE II, kann aber weder über die App noch merkwürdigerweise sonst wo Näheres über sie finden.

Die beiden bleiben auf dem Markt hier und da stehen, gehen auch in den einen oder anderen angrenzenden Shop, prüfen, vergleichen und diskutieren, als ob er nach einem passenden Geschenk für sie sucht. Sie sieht sie schon auf sich zukommen, meint sogar, dass er ihr zuwinkt. Doch dann gehen sie am Café vorbei weiter zum Kirchenladen.

Als sie die beiden in der Kirche verschwinden sieht, schaltet sie ab und flüchtet wieder zurück nach SOLITUD.


Programmnotiz

Leitfarbe: BLAU (Phase 2)
Integrale Innovation: 6. den singulären Mix finden (Controlling-Rückblick auf 3)
Identität im Netz (Kreativprozess): Illumination (Rück-Kopplung)
U-Prozess- Kommunikation: Lösungsmöglichkeiten (Interessenebene)
Agile Projektplanung (Designthinking): Materialize (Implement)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen: als -Variante für Netzgründungs-Variante):

Er regiert als König, als ob er nie etwas anderes gemacht hätte. Versucht erst hier etwas zu ändern, und dann da. Diesen Wunsch zu erfüllen und dann den. Immer so, wie es gehen und gerade passen könnte.

 

Protokoll (nachgetragen):

Es gibt jetzt neben Eunet weitere (aufzählbare und intern priorisierbare) Markt- und Handlungsräume (Berlin, mit Hin- und Rückreise). Und neben der nächsten Gründungsperson wird es jetzt weitere kooperierende aber möglicherweise auch konkurrierende Gründungspersonen geben (einschließlich des Autors). Daraus lassen sich unterschiedliche Handlungs- und Projektoptionen ableiten, gewichten und dann nacheinander realisieren – oder auch gezielt verwerfen: aus Sicherheitsgründen.

Denn es zeichnet sich ab, dass die bestehenden Controlling-Potenziale bis an die Grenzen ausgeschöpft werden müssen. Die verbleibenden Sicherheitsrisiken erscheinen aber hinnehmbar angesichts der Möglichkeit, das Gesamtprojekt in dieser größeren Gesamtkonfiguration trotz allem zu realisieren und bald abzuschließen.


Die Abendbesprechung begann und endete im Streit, genauer: Sie wurde durch einen solchen ersetzt. Dabei hatte der Tag gut angefangen. Er hatte sie morgens in SOLITUD abgeholt und auf einem gemütlichen Spaziergang am anderen See entlang von anderen verschwiegenen Orten ganz in ihrer Nähe und ihrer teilweise dubiosen Vergangenheit erzählt. Und von seinen Autoren-Anfangserfahrungen, die ihn letztlich auch hierhin zurückgebracht hatten.

Sie hatte anfangs eifrig mitgeschrieben und wohl schon überlegt, was sie wie in ihr Projekt einbringen könnten. Aber sie war dabei immer einsilbiger geworden, auch gereizt, und hatte ihr Gerät schließlich eingesteckt. Sie war wohl in Wirklichkeit immer noch nicht wieder arbeitsfähig. Er hatte dann den ersten Fehler begangen und sie doch noch über die große Straße hineingeführt in den anderen Wald und hinauf zum SCHWARZEN SEE, der dort wie in einem Krater lag.

Am Rande des Weges dorthin, gut verborgen, wohne ein noch seltsameres Paar als sie es waren, hatte er gescherzt. Halb. Er wollte tatsächlich, dass sie sich kennenlernten. Der andere Er sollte ihr mehr von den seltsamen Hybridfiguren aus Holz und Stein zeigen, die ihnen hier und da schon aus den Bäumen zuwinkten. Vor allem aber das echte Hexenhaus, das der für die andere Sie geschnitzt und montiert hatte: gefesselt fesselnd. Aber da reagierte sie schon etwas seltsam. Er war fast froh, dass dort dann niemand zu sehen war. Sie verzichteten auf die eigentlich übliche Runde um den von allen Seiten überschaubaren, aber schweigend und bewegungslos daliegenden finsteren Tümpel, und machten sich gleich auf den Heimweg.

So hatte sie auch die unheimlichen Geschichten nicht gehört, die sich um den See rankten, und die er selbstverständlich alle kannte. Statt diese nachzuschlagen, wollte sie auch diesmal seine Nachmittagsschicht übernehmen. Das würde sie beruhigen, sagt sie, als sie wieder im Großen Haus waren. Er war froh darüber, denn so konnte er einen schwierigen Termin früher wahrnehmen, von dem er ihr noch nichts erzählt hatte.

 

Vielleicht war es da auch schon zu spät gewesen. Aber als er abends wieder zurückkam, wusste er, dass er einen zweiten Fehler begangen hatte. Er hatte beschlossen, ihr erst abends von dem Besuch aus Berlin zu erzählen: wenn er wusste, was dabei herausgekommen war. Denn er wollte sie in ihrem Zustand nicht unnötig beunruhigen. Als vor zwei Tagen die letztlich von den EXEN initiierte Einladung nach Berlin gekommen war, hatte er diese zunächst mit einem Hinweis auf seine gegenwärtige Situation abgelehnt und um eine Verschiebung gebeten.

Es ging aber um eine einmalige termingebundene Gelegenheit, hatte die Antwort gelautet. Ganz oben, wie es hieß, könne er zugleich sein altes Projekt, ihr jetziges gemeinsames und, vor allem, künftig mögliche Netzprojekte vorstellen. Sie würden umgehend jemanden nach EUNET schicken, um das mit ihm zusammen vorzubereiten. Dann habe er die Möglichkeit, nach seiner Präsentation noch am selben Tag zurückzufahren.

Das wollte er ihr jetzt im Zusammenhang erzählen. Er hatte auch schon eine Liste mit gemeinsamen Teilprojekten zusammengestellt, die sich jetzt schon konkret abzeichneten: jeweils ausgehend von EUNET-MARKT und natürlich nicht, ohne vorher in EUNET-KIRCHE gemeinsam konzipiert und abgestimmt worden zu sein. Dafür hatte er heute Nachmittag ein Schema erarbeitet.

Das legte er ihr vor, noch ehe sie irgendetwas sagen konnte. Diesen dritten Fehler machte er fast immer.

Seine Liste begann natürlich mit einer EUNET-MARKT-Variante, mit der sich seine CAREX-Funktion erproben ließ. Ein durch starke Funktionen abgesichertes Modell-Netzwerk sollte dort ein umfassendes Dienstleistungspaket der Entspannung und Entlastung, Sorge und Vorsorge anbieten. Gegen einen sozial gestaffelten und später auch durch Sponsorengelder und Spenden bezuschussten regelmäßigen Beitrag wurde man Mitglied und konnte dann dort hingehen: um sich einfach auszuruhen und pflegen zu lassen, um zu meditieren oder zu trainieren, aber eben auch wenn man einen Unfall hatte oder krank wurde, alt und gebrechlich geworden war und nicht mehr zu Hause leben wollte. Selbstverständlich wurden dort Seelsorgeangebote aller Art vorgehalten oder vermittelt.

Neu war, dass die Mitglieder dort auch den Kopf freihatten, um sich auf die Dinge zu konzentrieren, die ihnen wichtig waren und wo sie das leisten konnten, was sie wirklich gut konnten. Gegen einen festen prozentualen Anteil an dem, was sich bei Käufen und Verträgen sparen und beim Geldanlegen erwirtschaften ließ, musste man nie wieder Tarife und Preise vergleichen oder Rabatte beachten. Die EUNET-Profis übernahmen das und würden dafür am Markt gefürchtet sein. Mit EUNET-KIRCHE war dieses Modell schon baulich verbunden: Es war vorläufig im Kirchenladen angesiedelt.

Die Pastorin würden sie hingegen auf dem Markt wiederfinden. Sie würde wesentliche Funktionen, die sie in der Kirche vorgestellt hatte, regelmäßig dort ausüben können: In einem fest installierten Marktzelt, das später eine Dauergenehmigung erhalten konnte. Dort wurden mit Hilfe der Kids lokale und weltweite Umweltaktivitäten, Solidaritäts- und Selbsthilfenetzwerke koordiniert, wie sie besonders in der Krise entstanden waren. Die entsprechenden Dienstleistungen würden einerseits spezialvernetzt sein mit CAREX-Funktionen. Andererseits entwickelten die Kids aber auch, direkt von EUNET unterstützt, eigene Simulationen, in denen neue Vernetzungen erprobt und ein interessierter Nachwuchs geschult wurde.

In einem leerstehenden Laden waren, gestützt auf diese Aktivitäten, Funktionen lokalisiert, die sich bewährt hatten und die sich schon auf Dauer stellen ließen: ein Bürgerbüro für offene Beratungen, Schulungen, Kurse und Seminare, die von den beiden anderen Modellzentren unterstützt wurden. Besonders hingewiesen wurde auf das Storytelling, in dem sich die narrative Grundstruktur der App beim Creative Writing ebenso bewähren würde wie bei Gründungsberatungen.

 

Er trug das Schema mit wachsender Begeisterung vor und warf ihr an den entsprechenden Stellen bedeutungsvolle Blicke zu. Er war wieder einmal richtig stolz auf sich. Das Schema schloss allerdings mit dem Eingeständnis, dass sich die Aktivitäten nicht einfach nur ergänzen, sondern auch aufeinander abgestimmt sein sollten und dass sie schon deshalb funktional noch weiter ausdifferenziert werden mussten. Und mit einer eher vagen und nur grob gestuften Skalierungsperspektive, die zwar die Spiel- und Simulationsperspektive einschloss, die aber sehr wohl deutlich machte, dass sie sehr schnell die EUNET-Dimensionen sprengen würde. Zeitlich wie räumlich.

Um diese konkreten Umsetzungsmöglichkeiten aber in Ruhe gemeinsam zu besprechen, würden sie heute Abend im Restaurant zu Dritt gut essen gehen. Zusammen mit SHERIFA: so hatte er die etwas geheimnisvoll tuende Berliner Botin vorläufig genannt.

 

Sie kannte allerdings offensichtlich mindestens schon den Namen. Lehnte schroff ab und forderte ihn auf, alleine dorthin zu gehen. Und zwar möglichst sofort.

Betroffen, aber in einer Hinsicht erleichtert, radelte er kurze Zeit später hastig davon: Er war wieder mal spät dran.

 

Als er zurückkam, war das Große Haus leer. Noch bevor er sich nach SOLITUD auf den Weg machen konnte, leuchtete der Bildschirm in seinem Arbeitszimmer grellblau auf, und sie schlug ihm eine Schaltkonferenz vor.

Er war dort offensichtlich allein. (Aber das hätte sie mit ihren Mitteln auch so feststellen können.)

Dann gingen sie Möglichkeiten durch, wie das EUNET-Projekt erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Er musste dazu nach Berlin fahren. Das war nach dieser nachdrücklichen Einladung klar.

Er schlug vor, die Botin als SHERIFA ins Projekt einzutragen. Was sie erwartet hatte. Sie konnten sich auf SHERIFA (SCHLEIFE) einigen.

Er könne in Berlin tun und lassen, was er wolle und so lange er wolle. Aber sie müssen ihre Arbeitsorganisation beibehalten: virtuell, hybrid oder auch physisch (wenn er gewisse Regeln einhält).

 

Beide wissen nicht genau, was das für die letzten Phasen des Projekts bedeutet. Oder auch nur für die nächsten beiden Projekttage.

EUNET-ZIP – EUNET-COMMUNITY

Als sie morgens wach wird und hinüberschaltet ins Große Haus, ist er bereits aufgebrochen. Nach seinem langen Abend und ihrer nächtlichen Sitzung kann er kaum geschlafen haben. Er hat den ersten Zug genommen und ist unterwegs nach Berlin. Und, unüblich für ihn: er hat dort bereits seit Stunden gearbeitet und mit Hilfe der mobilen Appversion skizziert, in welcher Weise ihre bisherigen Ergebnisse in eine Modellkonzeption eingebracht werden könnten, die sie beide ja unabhängig voneinander entwickelt hatten. Hierfür wolle er sich in Berlin einsetzen und seine Beziehungen spielen lassen. Auch schon vor dem eigentlichen Präsentationstermin. Und vielleicht könne er mit dieser Anschlussmöglichkeit ihres Projekts auch ein wenig mehr Zeit herausschlagen, um es trotz aller Schwierigkeiten in jedem Fall zu einem guten Ende zu bringen.

Eine echte Entschuldigung hatte sie nicht erwartet. Und an dem, was er ihr geschrieben hatte, sah sie, dass er wieder nur als herkömmlicher Autor dachte: von Einzelpersonen und ihren Entfaltungsmöglichkeiten her. Aber sie sah auch, dass er sich für ihr gemeinsames Projekt einsetzte und dass ihm ihre Zusammenarbeit wichtig war. Das wollte sie anerkennen. Sie kehrte zurück ins Große Haus, weil sie dort einfach besser arbeiten konnte.

 

Auf dem Markt, jetzt grünlich, tut sich heute sowieso nichts. So kann sie sich die Gesamtkonzeption vornehmen, in die alle Modellmodule eingebunden sein werden. Sie legt ihre beiden Schemata nebeneinander und skizziert die Netzanforderungen, die sich daraus ergeben. Wieder stellt sie fest, dass dies durch seine vorwegnehmenden inhaltlichen Beschreibungen erheblich erleichtert wird. Allerdings ändert sich dadurch die EUNET-Welt im Ganzen. Aus dem fast nostalgischen Stadtmodell wird das Rahmenmodell einer Gemeinschaft, die eigentlich ihre wesentlichen Belange vom Netz her denken müsste. So wie sie selbst das in History-Spielen von der Schrift oder vom Buchdruck her tut, um sich einzufühlen. Die Folgen dieser Rückkopplungen kann sie noch gar nicht absehen. Sie werden sich aber während der Modelldurchläufe abzeichnen. An einem aktuellen Probedurchlauf sieht sie, dass sich einige Krisenfolgen besser bearbeiten lassen. Da ihm das heute in Berlin argumentativ helfen könnte, schickt sie ihm eine entsprechende Notiz.

Es zeigt sich aber auch, dass sich das Mit- und Gegeneinander von profit- und nicht profitorientierten Marktaktivitäten neu arrangieren wird, ebenso wie das Mit-, Neben- und Gegeneinander aller involvierten Organisationen. Sie macht sich entsprechende Notizen für den Einsatz der App und notiert eifrig, bei welchen inhaltlichen Vorgaben aus seinen Modellskizzen sie diesmal einsetzen kann. Und dieses Spiel wiederholt sich bei den biografischen Modellen der Figuren, mit denen sie EUNET bevölkert hat. Ohne die konkreten Biografien, die er als Autor eingebracht hatte, wäre sie in ihrer konzeptionellen Arbeit nur sehr mühsam weitergekommen.

Sie ist voll bei der Sache, und es geht gut voran. Aber die Zeit wird knapp.

 

 

Er ist unterwegs wie in alten Zeiten, als er in der Bitcoin-Welt unterwegs war: gestartet als Ethnologe, dann going native. Aber doch so, dass er sich immer wieder selbst über die Schulter schaut, wie in einem Traum, aus dem er wieder erwachen wird. Dann erinnert er sich an einzelne Bilder, weiß aber noch, dass er ihren Zusammenhang nicht versteht und dass alles nicht wirklich war. Deshalb ist er wieder Forscher geworden, Berater, Autor – und hat den Netzgründer immer nur gespielt.

So schaut er sich zu, als er endlich zusammen mit all den anderen im Zug sitzt, der leicht schaukelnd wie im Stillstand der Hauptstadt entgegenrast und nur ab und zu leise pocht, während es draußen grün vorbeifliegt. Wie die anderen hat er kaum geschlafen und ist genau deshalb hellwach. Ebenso wie sie telefoniert, mailt und skypt er gleichzeitig. Dazwischen schreibt er hoch konzentriert und unerreichbar, begleitet nur vom frischen Kaffee, den er immer nimmt, wenn er im Vorübergehen angeboten wird.

Noch ehe er in Hauptbahnhof ankommt, ist er wie einer von ihnen: vollgestopft mit exklusiven Hintergrundinformationen zu allem und zu jedem, fokussiert auf sein Ziel und mit einer klaren Agenda im Kopf. Kaum angekommen, springt er in ein Taxi und fährt zum einzigen EXEN-Gespräch, das er vereinbaren konnte. Zusammen sollen sie anschließend eine Art Laborbesuch im großen Berlin-Projekt machen – wozu er eigentlich weder Zeit noch Lust hat. Aber es scheint wichtig und unumgänglich zu sein.

Fast alle scheinen schon zu wissen, dass er kommt. Aber irgendwas ist im Busch: alle sind noch betonter ruhig als sonst. Sie reagieren natürlich professionell wie immer: ermunternd unverbindlich, wenn er auf das EUNET-Projekt zu sprechen kommt, in dem er gerade arbeitet. Ihr Anruf im Zug ist allerdings hier schon hilfreich: Jede, jeder merkt auf, sobald er die angedachten Simulationsmöglichkeiten erwähnt. Die werden hier überall und von allen gebraucht.

 

Dann sitzt er zusammen mit der EXE im Berlin-Projekt. Hier wird immer noch die Krise bearbeitet, in einer Riesensimulation, von der er bisher nur Teilausschnitte miterlebt hat: in Präsentationen, Controlling- und Board-Sitzungen und in Kriseninterventionen; in strategischer Perspektive bei EXEN-Gesprächen. Jetzt sitzt er in der Werkstatt und erlebt die Programmierenden und Modellierenden auf der Ruderbank. Es ist die Welt, aus der die kommt, mit der er jetzt zusammenarbeitet. Er sieht sie vor sich sitzen. Deren Chefin. Und dann sich selbst: früher, vor der App.

Zusammen mit der EXE, die das veranlassen kann, rekonstruieren sie von hier aus einen Einblick in die andere Werkstatt und dann, in einem weiteren Schritt, gemeinsam eine Projekt-Gesamtschau. Die netzvermittelten Projektbeziehungen aller Beteiligten, das sieht man von hier aus deutlich, verdichten am Anfang die Krisenerfahrungen so, dass verändernde Bedürfnisse spürbar werden. Aber schon Weitergabe und Auswertung der Ergebnisse sind in weit auseinanderlaufende kleine und große Erzählungen eingebunden. In den Werkstätten führt das immer wieder zu schmerzlichen Dissonanz- und Versagenserfahrungen, zur Wahl, sich an schäbigen Kompromissen zu beteiligen oder Verlustängste auszuhalten, zum Erleben von kleinen Misserfolgen, zu kleinen oder auch größeren Katastrophen. Zu denen kamen sie immer erst hinzu, wenn es längst zu spät war.

Aus der Werkstattperspektive deckt das Berliner Krisenprojekt auf, dass im Rahmen der bestehenden Netzwerke nur schlecht gearbeitet werden kann. Der Projektdruck macht krank, wie als erstes sichtbar wird. Die Ergebniserwartungen lösen sich in der Netzperspektive auf. Und sie wurden ohne die Absicht formuliert, so wird hier unten vermutet, diese, falls sie doch noch kommen sollten, so auszuwerten, dass daraus nachhaltige: netztaugliche Veränderungen folgen.

Sie registrieren neu, dass hier auch über den Abbruch der Anfangsbeziehung zu den ursprünglich Befragten geklagt wird: entkoppelt durch das Berlin-Projekt als große Erzählung. – Es gibt kein App-Narrativ, notiert er.

Im EXEN-Nachgespräch, bei einem leichten Essen im künstlich durchgrünten dritten Innenhof eines riesigen Backstein-Komplexes voller Startups, stellt sich heraus, dass das hier überall so ist. Alle Prozesse gleichen sich an, alle Simulationen verschwinden im Netz, alle Personen werden Personas: in Prozessen, die sich angleichen, und in Simulationen, die im Netz verschwinden. Das Spiel, so wird hier vermutet, heißt DAXE (so nennen sie hier die anderen) gegen EXEN. Oder BITCOIN (so nennen sie deren bloß zählende Netzideologie) VS. BLOCKCHAIN: so haben sie ihr Gegenkonzept überschrieben.

 

Es stehe wieder einmal auf der Kippe. Deshalb sei er heute hier.

Kurz vor der Präsentation ruft sie ihn noch einmal an. Die App schlage eigentlich vor, ihr Modell und sein Modell in einem Reißverschluss-Prozess zu verzahnen. Sie will bis morgen EUNET-ZIP entwerfen und versuchen, die Evaluationsunterlagen entsprechend zu aktualisieren.

Ihm hat die App vorgeschlagen, seine Modellprojekte nach ihren Prozessvorgaben als EUNET-COMMUNITY zu gestalten: gekoppelt an einen echten Modellprozess mit lebendigen Personen. Und in einer richtigen Erzählung, statt in einer Simulation: wie in einem Roman. Das hat er natürlich nicht ernstgenommen. Aber jetzt notiert er sich eine entsprechende Bemerkung.

 

In einer Art Trance präsentiert er dann EUNET als singulären Prozess, in dem EUNET-ZIP EUNET-COMMUNITY hervorbringt. Sie und er können gemeinsam dafür die Verantwortung übernehmen. Mit etwas mehr Zeit.

Er sieht an den Reaktionen, dass sie das so nicht entscheiden können. Oder wollen.


Programmnotiz

Leitfarbe: GRÜN (Phase 1)
Integrale Innovation: 7. den singulären Prozess finden (Controlling-Rückblick auf 2)
Identität im Netz (Kreativprozess): Implementierung
U-Prozess- Kommunikation: Vereinbarungen (Bitten: Positionsebene)
Agile Projektplanung (Designthinking): Materialize (Test)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen-Variante für Netzgründungs-Variante):

Vor allem aber liest er seiner Frau alle Wünsch von ihren Augen ab, hört auf ihren Rat und schaut nach, ob alles so geschieht, wie sie es gemeinsam beschlossen haben.

Protokoll (nachgetragen):

Die Trennungsvereinbarung zwischen EUNET-ZIP und EUNET-COMMUNITY ermöglicht zunächst ein leicht zu koordinierendes synchrones Arbeiten in einem gemeinsamen Projektschema. Als Ergebnis zeichnen sich überall ähnliche Formen, Strukturen und Muster ab: von den Raum- und Rahmenkonstellationen für Angebote- und Nachfragen über Rollen, Funktionen und Handlungsabläufe bis hin zu Personentypen und Identitätsmustern. Man kann von holografischen Entsprechungen ausgehen, die ein effektives Arbeiten ermöglichen, weil die Arbeit an der kleinen Eunet-Form („nahe am Kern“) eine Art Hebelwirkung in dem sich abzeichnenden größeren Handlungsraum zu entfalten scheint.

Allerdings Krisenthema kritische Punkte der Gesamtkonstruktion kritische Parameter Absturz und Neustart müssen besonders eingehegt werden. Empfehlung: strikte Trennung von Personas und Personen und die durchgehende (und durchgehaltene!) Unterscheidung von Sprach-, Handlungs-, Weltebenen.

Vor der Endabnahme sind vorzubereiten: mindestens ein „Einstein“-Avatar (nicht der Autor!) und Notfallregeln. Der Normalbetrieb muss sicherstellen, dass selbst bei geändertem Namen und bei einer größeren Skalierung doch das zu Anfang festgelegt Gesamtziel und der daran geknüpften Auftrag doch noch erfüllt werden können.

Projektschema und klare Regeln ermöglichen Verlässlichkeit und begründen Vertrauen.


Sie stellt wieder einmal den stromfressenden Wasserkocher an und überlegt, wann sie vom Roibusch- zum Schwarzen Tee übergehen muss. Sie hat den ganzen Tag über durchgearbeitet und ist auf eine 36-Stunden-Extraschicht eingestellt wie in alten Zeiten. Bis morgen früh will sie eine EUNET II- als Ergebnisperspektive in die Evaluationsunterlagen eingearbeitet haben und ist nicht sicher, ob das überhaupt zu schaffen ist. Gerade hat sie das Konzept der großen Gründung einer großen Community als Aktualisierung des Weltgründungskonzepts im alten App-Kern beschrieben: Nur in einer epochentypischen Netzwelt können die Krisen der Übergangszeit bearbeitet werden, die sonst immer wieder Desorientierung oder sogar Chaos verursachen.

Sie will wenigstens das neue Schichtenkonzept von den Community-Regeln her erläutern, als er endlich zurückruft. Es ist nichts entschieden, aber es wird heute Abend eine Nachpräsentation geben. Er soll das Zusammenspiel von EUNET-ZIP und EUNET-COMMUNITY an Beispielen erläutern, um zu zeigen, dass und wie das funktioniert.

 

Sie ist stressresistent, das weiß sie von früher, und ändert sofort ihr Konzept. Ihm sagt sie knapp, er solle sich zur Verfügung halten, sie werde ihn dafür brauchen. Dann bündelt sie die Community-Regeln für jede Teilcommunity, bindet sie an Personas, denen die App narrative Programme zuordnen kann – und ruft zurück.

Am Telefon unterscheidet er in der Community spontan die jeweiligen User und Mitglieder von BUDDIES, wie sie es dann nennt, TUTIES, MENTIES und FOUNDIES: selbständige Gründerinnen und Grüner einer solchen Teilcommunity. Während sie hastig, aber konzentriert Teile ihrer vorbereiteten Abschlussunterlagen vorzieht und zuordnet, sprudelt er los wie immer und ist kaum zu bremsen. Besonders bei den weiblichen Gründungspersonen würgt sie ihn schnell ab, schließt die Liste und startet einen Probe-Gründungslauf von EUNET-COMMUNITY.

Ihr Trick hat funktioniert! Aufgrund der wenigen Story-Inputs hat EUNET-ZIP mögliche Gründerkonstellationen identifiziert, in deren Kontext sich für jede Schicht ein Beispiel skizzieren lässt. Nicht ganz unähnlich den EUNET-Anfangsszenen.

Nun kann er das in der Nachpräsentation an Modell-Spielszenen erläutern.

Letztlich hat sie seinen Berliner Arbeitsprozess strukturiert, der ihn ziemlich aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Das hat ihm gutgetan.

 

Als es darauf ankam, hat er sich zusammengerissen und sich einfach auf ihre Fragen konzentriert. Er fixiert das Bild einer Person, die ihm vor Augen steht, wenn sie bestimmte Communitykonstellation aufruft und geht dann mit ihr Szenen durch, die sich aus ihrer Buddy-, Tutoren-, Mentoren- oder Gründungsperson-Funktion ergeben. So ergeben sich PERSONAS auf allen Ebenen. Wie MAX4U, die DUXEES, die SCler, die DCler, einschließlich ihrer Entfaltungsperspektive, wie sie die App auch schon angedeutet. Nur sind diese Perspektiven jetzt von Anfang an vernetzt und markieren die einzelnen Phasen so, dass diese sich überall zu Gründungsgeschichten im Netz zusammenfügen: gerade durch Krisen und Rückschläge hindurch.

Das gilt auch für schwierige PERSONAs wie die GRÄFIN, EMPATHIA, SEPHIRA oder zuletzt SHERIFA, bei denen ihm die Pfarrerin, andere Bekannte oder Romangestalten in den Sinn kamen und bei denen sie immer zu früh abwinkt. Dafür geht er auch auf ihre Laborprojekte ein: Mit Storytelling- und Seminar-Konzepten. Allerdings besteht er auf angemessene Rahmenbedingungen und skizziert hastig einige Beispiele.

 

Er fordert und sie schickt ihm Priorisierungs-, Evaluations- und Controllingkriterien. Zusammen erstellen sie schnell das neue gemeinsame Schema, von dem sie die Langfassung bis morgen Mittag fertiggestellt haben müssen: bis zum Ende der Nachfrist für die Evaluierungsunterlagen. Aber er wird immerhin eine Kurzvariante präsentieren können.

Beide Varianten dokumentieren einen verzahnten, hybriden Umsetzungsprozess. Singulär, wie die App es vorsieht.

Er hat dann den überraschend angekündigten Sondertermin und fällt aus allen Wolken, als er die Hintertür des verschwiegenen Szenelokals öffnet, zu dem ihm eine andere EXE geleitet hat, die aber gleich verschwindet. Hier hat auch sie keinen Zutritt.

SIE steht vor ihm!

 

 

Während die Präsentation läuft, skizziert sie für ihre Evaluationsunterlagen noch je ein Labor-Spiel für alle Teilenetze, ein Spiellabor-Konzept und erste Test-Personas, mit denen sie anfangen könnte. Dann erweitert sie das neu hinzugefügte mögliche Umsetzungsschema noch um gemeinsame Beiträge und mögliche neue Fristen.

 

Danach macht sie sich wieder an die Arbeit, um die Evaluationsunterlagen abzuschließen (was kaum zu schaffen sein wird).

Dann ruft er an, und sie erfährt, dass er immerhin eine Fristverlängerung bis morgen Mittag herausgeschlagen hat. Er will noch mit dem Nachtzug nachhause kommen, um sie zu unterstützen. Wartet aber noch auf das Ergebnis.

Danach erreicht sie ihn nicht mehr. ER ist einfach nicht mehr da.

4U-QUEEN

Sie war vielleicht doch kurz eingenickt. Geweckt wurde sie von dem knisternden Geräusch eines anspringenden Bildschirms. Sie war sofort alarmiert. Hatte es einen Kurzschluss gegeben? Waren ihre letzten Daten gesichert?

Aber alle Screens und Präsentationsflächen um sie herum zeigten den letzten Stand. Nur der Arbeitsbildschirm vor ihr spielte verrückt. Er ging aus und an, und brummte, als ob er unter einer sehr starken Spannung stehe. Vielleicht gab es einen Störsender in der Nähe. Aber wieso waren dann alle anderen Geräte intakt? Es musste eine Störung in der Nähe des Senders der Nachricht sein. War in Berlin etwas passiert? Etwas Schreckliches?

Jetzt kam der Schirm zur Ruhe, und es erschien statt ihrer Arbeitsoberfläche ein hin und her zuckendes Bild in grober Auflösung, dass immer wieder verschwand und dann sofort wieder da war. Irgendwie noch grünstichig, aber manchmal vor einem rötlichen Hintergrund; was sie vollends alarmierte: Ein Not-Neustart irgendwo im Netz? Wenn man etwas erkennen konnte, sah man eine Frauengestalt, die bewegungslos hinter einem Schreibtisch saß und die sie anschaute beziehungsweise: die in die Kamera blickte. Es sah aus wie eine Fernsehaufzeichnung der 70er Jahre aus Nordkorea. Hatten irgendwelche Terroristen einen Sender besetzt und sich in ihr Netz gehackt? Aber was wollten sie von ihr? Und wer war diese Frau, die sie kaum vom Bildhintergrund unterscheiden konnte und die ihr doch merkwürdig vertraut vorkam?

Es wurde nicht besser, als die Frau zu sprechen begann und ihr klar wurde, dass offensichtlich sie gemeint war. Mit all dem, was sich da gerade an ihrem Arbeitsplatz ereignete hatte. Die Botschaft lautete:

ANFANG: Sie werden morgen den Auftrag erhalten, EUNET II zu konstruieren. EUNET II ist wichtig. Ich möchte, dass Sie die App in ihrer neuen Umgebung besonders stark sichern. Sie kennen die EUNET-Orte, die dafür in Frage kommen

Beginnen Sie in der Umgebung des Großen Hauses und sichern Sie als erstes SOLITUD. Dann sichern Sie einen Fluchtweg zum SCHWARZEN SEE und befestigen HEXHAUS als Ausweichquartier.

Die bekannten Orte dazwischen sind für SAFETREFFs vorgesehen und als solche zu erhalten. Achten Sie darauf, dass es weiterhin von überall her sichere Hin- und Rückwege in die Hauptstadt gibt. Markieren Sie diese neu als METRO und personalisieren Sie die Zugänge neu. Wie, werden Sie heute noch sehen.

Für den Notfall sichern Sie einen Neustart auf PRINCESSS ISLAND mit dem Sender im WATERHOUSE. Alternativer Versammlungsort ist dann die GRAUE MUTTER. Die Koordinaten erhalten Sie ebenfalls morgen. ENDE.

Sie hatte das automatisch gespeichert. Anfangs glaubte sie zu träumen. Denn sie meint, der Reihe nach alle PERSONAs aus ihrem Projekt zu sehen: die GRÄFIN, EMPATHIA, SHERIFA, auch jene SEPHIRA. Anfangs sogar ihre Chefin. Aber alle blutjung. Es war die Billigkopie einer Avatarin, die sie früher in ihren Fantasy-Spielen für die Kindliche Kaiserin benutzt hatte: Varianten von YOUNG-QUEEN.

Da war sie sicher, dass er sich einen seiner Scherze erlaubt hatte. Aber die Botschaft war klar. Sie hatten den Anschlussauftrag! Er hatte vermutlich vorgefeiert, und ganz sicher war er inzwischen wieder betrunken. Aber wer hatte ihm bei der Umsetzung geholfen?

Die Evaluation war jetzt nur noch eine Formsache. Aber sie musste eben doch noch fertiggestellt werden. Also schüttelte sie sich, goss sich eine neue Tasse Tee ein und machte einfach weiter. Wenn am Rest der Nachricht doch was dran war, würde sie das immer noch in den neuen Rahmen einbauen können. Und zwar gern. Sowas hatte sie sich immer schon gewünscht.

Aber wer war die Frau, die ihn inspiriert und unterstützt hatte? Bei etwas, das er allein nie hingekriegt hätte! Hatte er sie in Berlin kennengelernt? Schon beim Präsentieren oder erst beim Feiern?

 

 

Er hat einen kurzen Schwächeanfall, als er bei der Hinterzimmer-Präsentation SEPHIRA gegenübersitzt, der Botin, die aber jetzt anders heißt und offensichtlich auch eine andere Funktion hat. Sie ist – auch für sie selbst überraschend – unfassbar jung zur Vorsitzenden gewählt worden: als U-QUEEN, so war das verkündet worden. In der Erwartung, dass sie auf dem Thron Platz nahm und eben gerade nicht regierte.

Sie aber hatte offensichtlich einfach so weitergemacht, wie sie bisher in ihren Netzterminen gearbeitet hatte, und als eine ihrer ersten Amtshandlungen diesen Zusatztermin durchgesetzt. Links und rechts von ihr sitzen jetzt angespannt je zwei weitere Personen, eine schreibt mit. – Kein Protokollant, ungerade Gesamtzahl. Das entscheidende Gremium ist zusammengekommen. Er kennt das von früher.

Und so läuft es auch ab. Wieder sieht er sich selbst über die Schulter, während die Präsentation läuft und er sie erläutert. Auch hinterher, als von der einen Seite clever fiese, von der anderen ebenso gut verpackte konstruktive Nachfragen kommen. Als U-QUEEN hält sich SEPHIRA zurück, auch wenn sie sich in der Sache besser auskennt als alle anderen hier. Aber in ihrer neuen Rolle ist sie völlig unsicher, immer wieder blickt sie hilfesuchend in die Runde, wenn sie in der offensichtlich festgelegten Agenda einen neuen Schritt einleiten muss.

Dann ist es endlich vorbei. Nachdem er endlos an der Bar gewartet und definitiv einen Whisky zu viel getrunken hat, kommt jemand zu ihm hinaus und teilt ihm knapp mit, dass sie für die Evaluationsunterlagen eine Fristverlängerung bis morgen Mittag haben. Den Rest werde er morgen Abend mit dem Evaluationsergebnis erfahren.

 

Er ruft sie noch schnell an, geht dann leicht schwankend hinaus und will rasch ein Taxi zum Hauptbahnhof nehmen, damit er vielleicht doch noch den Nachtzug erwischt.

Da fährt ein Wagen mit dunklen Scheiben heran. Und er sitzt drin, ohne sich später noch erinnern zu können, wie er hineingekommen ist.

 

 

Nach dem nächtlichen Scherz wusste sie, dass er den Nachtzug jedenfalls nicht erreicht hatte. Allerdings sei ja auch die Verkündung des Evaluationsergebnisses auf den Abend verschoben worden. Da sei er in jedem Fall wieder da. Sie erfährt das erst am späten Vormittag, als sie schon in der Endredaktion ist. Dann meldet er sich nachmittags noch einmal, als sie schon in ihrem Ruhesessel beziehungsweise am Marktplatz sitzt und tiefenentspannt ihren zweiten Campari-Soda schlürft.

Wobei: tiefenentspannt, na ja. Sie hatte zwischendurch immer wieder mal angerufen. Aber die Verbindung zu ihm war schlecht und wurde immer wieder unterbrochen, als ob er immer noch mit seinem Notsender spielt. Zwischendurch schien er im Speisewagen zu sitzen, und sie glaubt im Hintergrund immer wieder dieselbe Frauenstimme zu hören. – Er hat sie einfach wieder einmal hängen lassen. Aber wo und mit wem treibt er sich zwischendurch herum?

Egal. Ihr Projekt ist so oder so abgeschlossen. Sie hat das eine wie das andere Ergebnis unter Kontrolle. Sie kann jetzt selbst entscheiden, ob und mit wem sie weitermachen will. Das war von Anfang an ihr Ziel gewesen, und nun ist es erreicht. Und vor allem: Es war ein gutes Spiel. Und das nächste wird besser werden. – Wenn sie nicht überhaupt aufhört. Vielleicht mit ihm.

 

Auf dem Marktplatz ist wie immer in so einer Situation nichts los. Sie schaut nachdenklich in ihr Glas. Sie will sich gerade noch eins bestellen, da fällt ihr ein, dass es Zabaione auch in Rot gibt. Leicht salzig, mit Tränengeschmack. Und will neu loslegen.

Da kommen sie herein. Beide. Er und die U-QUEEN. Die Chefin.

4U-QUEEN für Dich, wird sie angelächelt und umarmt. Und dann flüstert sie ihr ins Ohr, was an der nächtlichen Botschaft noch fehlt. Laut und fürs offizielle Protokoll verkündet sie das Evaluationsergebnis: Sie müssen nur das Modell-Mapping ändern, nicht die App.

Dann wird sie zurückgebracht zum Zug, der außerplanmäßig in EUNET gehalten hat.


Programmnotiz

Leitfarbe: GRÜN (Phase 2)
Integrale Innovation: 8. Ruhe finden (Controlling-Rückblick auf 1)
Identität im Netz (Kreativprozess): Implementierung (Starke Bindungen)
U-Prozess- Kommunikation: Nachphase (Ebene: Anfangs- und Endphase)
Agile Projektplanung (Designthinking): Control (Stop)

 

App-Narrativ (Zaubermärchen-Variante für Netzgründungs-Variante):

Übers Jahr aber wird ihnen eine Tochter geboren, die liebt der neue König über alles.

Das Königspaar aber lebte lange Jahre glücklich und zufrieden bis an ihr seliges Ende. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Aber das wäre eine andere Geschichte.

Aus!

Protokoll:

Nach der Fertigstellung des EUNET-COMMUNITY Endprodukts sichert der Anschlussauftrag EUNET II (mit abgesicherter Notkopie) sowohl den laufenden Betrieb (Community-Betrieb und Produktpflege) als auch dessen Bestand. Mit oder ohne Roman- beziehungsweise Autorthema!


Der Wagen rast mit ihm durch die Nacht. Unterwegs erfährt er, dass es nicht zum Nachtzug geht. Jedenfalls zunächst nicht zu dem Richtung EUNET. Die EXEN haben die Wahl der U-QUEEN unterstützt, da sie eine von ihnen ist. Jedenfalls hat sie sich an sie gewandt, als sie merkte, dass sie bei ihren letzten Karriereschritten von DAXEN umstellt war und von ihnen instrumentalisiert werden sollte. Sie wird von ihnen auch kontrolliert. Sie kommt daher erst gegen Abend nach EUNET, um das Evaluationsergebnis zu überbringen. Sie müssen bis dahin mit ihr eine Gegenstrategie erarbeitet haben.

Dafür ist EUNET II entscheidend. Denn hier ist ja eine Beraterrolle für ihn vorgesehen, in der er sie später regelmäßig treffen kann. Das müssen sie mit ihm aber jetzt soweit ausarbeiten, dass es dort implantiert werden kann: vor der offiziellen Abgabe am Mittag.

Offiziell wird er sie erst am frühen Abend zufällig im Speisewagen Richtung EUNET treffen, wo er nach seiner Aufführung gestern normalerweise sowieso nicht früher angekommen wäre und wo der umgeleitete Zug, in dem sie dann sitzt, einen geplanten Sonderhalt einlegen wird. Jetzt ist sie in fast entgegengesetzter Richtung unterwegs, und sie erreichen sie dort durch einen außerplanmäßigen Halt. Er kann zusteigen und sich in dem einen ihrer beiden Sonderabteile ausruhen, das sie abhörsicher präpariert haben. Sie können dann zwischen ihren Antrittsbesuchen vormittags die EUNET II­­–Autorenvorgaben mit ihm erarbeiten, und er kann dann jenen anderen Zug noch erwischen, von dessen Sonderhalt er dann ebenfalls zufällig erfahren haben kann. Jetzt soll er erst einmal eine Tablette nehmen.

So sitzt er jetzt wieder im Zug, tauscht den nächsten Kaffee gegen einen weiteren Whisky, verabschiedet sich langsam von seiner alten Berufs- und der neuen Autorenrolle und wartet auf ein mögliches nächstes Treffen.

 

Oder er fährt nach Hause und macht einfach seinen Job weiter, nachdem er getan hat, was getan werden musste – und sie wartet auf ihn.

 

Oder sie könnte jetzt hereinkommen, er wäre überrascht, würde die Gelegenheit beim Schopfe packen und er würde ihr vor aller Augen EUNET II vorstellen. Sie wäre von ihm fasziniert, und will ihn als Berater.

 

Egal. Der Roman ist so oder so abgeschlossen. Er ist mit jeder von beiden gut unterwegs. Und er hat den einen wie den anderen Ausgang unter Kontrolle. Er kann jetzt selbst entscheiden, ob und mit wem er weitermachen will. Das war von Anfang an sein Ziel. Und nun ist es erreicht. War es ein gutes Buch? Würde ein zweites besser werden? – Er hatte eine gute Zeit. Vielleicht sollte er mit dem Romanschreiben aufhören. Mit ihr.

 

Da sind sie beide angekommen. Er und die U-QUEEN, die Chefin: als 4U-Queen. Die er unterwegs zufällig getroffen hat. Sie umarmt ihn zum Abschied und flüstert ihm zu, wann sie wieder in EUNET vorbeikommt. Laut und fürs offizielle Protokoll hat sie zuvor das Evaluationsergebnis verkündet: Sie müssen nur das Modell-Mapping ändern, nicht die App.

Dann wird sie zurückgebracht zum Zug, der außerplanmäßig in EUNET gehalten hat.

 

 

Leider konnte sie nicht zur Feier bleiben. Sie hätte ihr gerne die Feierfunktion in der EUNET II-Version gezeigt. Obwohl sie die Kontrollfunktionen noch einmal kontrolliert hat. Man könne halt eben die Kontrolle verlieren.

Er meint, dass sie sich auf die neue Autorenfunktion verlassen kann. Sein Autorenwissen werde gerade dann helfen.

Das Risiko wollen sie beide eingehen.

 

So lange es geht.

Im DARKNET

Heute müssen sie aus EUNET abreisen. Sie werden erwartet.

Die App notiert, dass der App-Roman abgeschlossen ist. Schon zugeklappt, leuchtet der Laptop noch einmal kurz auf. Der Kopiervorgang läuft.


Programmnotiz

Leitfarbe: Schwarz / Weiß (Phase 9/10)
Integrale Innovation: 9. Schluss / 10. Neu anfangen / 0.

 

App-Narrativ (Zaubermärchen-Varianten: für Netzgründungs-Varianten):

Oder (An!):

Nachdem aber die Frau des Königs gestorben und er selbst schon alt geworden war, kam wieder ein Drache übers Land, und wieder musste der König demjenigen seine geliebte Tochter als Frau und damit sein Reich versprechen, der das Land vom Drachen befreien würde.

Oder (An!, aktualisierende Gender-Variante)

Übers Jahr aber wird beiden ein Sohn geboren, die liebten beide über alles. Nachdem aber der König gestorben und die Königin schon alt geworden war, kam wieder ein Drache übers Land, und die Königin musste ihren geliebten Sohn und ihr Reich derjenigen Heldin versprechen, die das Land vom Drachen befreien würde.

Hier enden die Märchen – aber nicht das Leben. Der neue König muss sich in einer anderen Welt bewähren. Und daher beginnen auch die guten alten Geschichten wieder von vorn. Sie haben sich bewährt, weil sie wahr sind.

 

Protokoll:

Abreisetag

 

ODER

Nacharbeit


Aus Sicherheitsgründen gibt es ein neues Tablett. Die App meldet, sie sei bereit zum Neustart: für Lesereisen, Workshops und für das neue Leben daheim und unterwegs.

Aus der Lektorats-Rückmeldung zum Schreibprojekt notiert er sich: Entwicklungsroman.

Sie macht daraus: Bildungs-App.

 

Sie: Viele der stehen gebliebenen schlimmen Stellen werden wir doch noch streichen müssen. Die Chefin hat ein Übernahmeangebot der EXEN-AKADEMIE erhalten.

Er: Netter Versuch! Wie wärs mit noch einem Schreibaufenthalt zwischen den Seen: Neues Buch?

Sie: Anderes Spiel.

 

 

Übrigens wurde DAS SPIEL doch noch fertig und wird aus der Cloud wie verrückt heruntergeladen, schreibt die Chefin.

Ich werde ihr EXEN-Augen machen.

 

 

Disclaimer-Entwurf (der LEKTORIN):

Für die Einstellungen, Wertungen und Handlungen der im Roman handelnden Personen sind diese selbst verantwortlich.

Autor und Verlag übernehmen keine Haftung.

 

CHEFIN: streichen!

 

 

Disclaimer-Entwurf (CHEFIN):

Die Personen in diesem Spiel, die Spielhandlung und die Spielumgebungen sind rein fiktiv. Übereinstimmungen mit der Wirklichkeit sind nicht intendiert und wären rein zufällig.

LEKTORIN: streichen!

NACHWORT

Es ist doch noch ein Schlüsselroman geworden. Allerdings fairerweise ein verschlüsselter. „Sie“ habe ich auf einem Burnout-Workshop in Berlin näher kennengelernt, wie sie die EXEN des Romans (und ich selbst) jetzt dort und inzwischen auch anderswo konzipieren und veranstalten. Inzwischen auch gezielt für Startups.

Zuerst gehört habe ich von ihr im Pausengespräch eines Kreativitätsworkshops, den wir hier ganz in der Nähe veranstaltet haben. Und zwar von einer jener Gründerinnen, wie sie im Buch in verschiedenen Phasen und Schichten vorkommen – und in verschiedenen Rollen. Sie musste von einer der vielen Programmiererinnen erzählen, die sich, wie sie selbst früher auch, für einen Hungerlohn in ihrem Reality Game-Startup verdingt hatte: als Spiele-Entwicklerin. Mit der vagen Aussicht, zusammen mit diesem durchzustarten, um dann endlich ihre eigenen Virtual-Reality Spielideen mit einem eigenen Startup ins Netz zu bringen.

Mit ihrem Fleiß, ihrer Zuverlässigkeit, einer nervenden Genauigkeit, die aber letztlich immer den richtigen Weg wies, hatte sie sich bis zur Chefcontrollerin hochgearbeitet. Aber dann bewegte sich für sie nichts mehr. Bis es plötzlich in den Spielen zu spinnen begann. Die kleinen Tricks, die sie eingearbeitet hatten, um Bonuspunkte wieder verschwinden zu lassen und die User zu Spontankäufen zu verführen, funktionierten plötzlich nicht mehr. Stattdessen tauchten Entschuldigungen und selbst Warnfiguren auf, die auf Auswege und Seiteneinstiege verwiesen. Die führten aber vorläufig noch nirgendwo hin.

Es war ihr besonders detailgenauer und stark regulierender Stil, der sie verraten hatte. Als sie aufflog, brach sie zusammen. Man hatte sie nicht entlassen. Noch nicht. Sie war nicht mehr jung – und erinnerte die Gründerin heftig an ihre eigenen Anfänge.

Ich war damals stinksauer. Und bin es eigentlich immer noch. Inzwischen scheint mir diese Art von Ausbeutung, verbunden mit klassischem Betrug, das eigentliche Geschäftsmodell dieser Hype-Gründungen zu sein. Für sie haben wir die App nicht entwickelt, die gerade überall abgekupfert wird. Und ich glaube immer noch, dass sie sich wehrt, wenn man sie in diesem Kontext zum Durchstarten missbraucht.

Das fällige Therapieseminar-Angebot für jenen Burnout-Fall machte ich jener Gründerin so, dass sie nicht ablehnen konnte. Denn ich wollte ohnehin publik machen, was ich im Kontext von Netzgründungen bei meinen gelegentlichen Berlin-Besuchen, aber auch bei mir im Rhein-Main-Gebiet immer wieder erlebt hatte und immer noch erlebe. Und ich wollte das damals in einer abgestimmten EXEN-Aktion tun. Getreu unserem Strategieleitsatz, Innovation durch (Selbst-) Regulierung zu vertiefen und nachhaltig zu gestalten. Und ihr Unternehmen wäre da ein gutes Beispiel gewesen: als abschreckender Ausgangspunkt unserer Argumentation.

Diese Gründerin hat damals „ihren“ Platz gezahlt, für ähnliche Fälle gespendet und vieles in ihrem Team mit Hilfe der App geändert. Aber ich habe sie doch noch auch jenen Schreiburlaub bezahlen lassen. Einen begleiteten Schreiburlaub. „Sie“ ist ja nicht mehr meine Klientin. Allenfalls war sie hier zur Kur. Sie ist ja immer noch freigestellt.

Sie hat sich auf mein Buchprojekt eingestellt. Ich habe mich auf ihr Reality-Game eingelassen. Das war der Deal. Mal sehen, wie es weitergeht.

 

EUNET kann also nur im Netz gefunden werden. Das ist auch deshalb gut so, weil ich ein mieser Autor bin. Ich habe eine wohl angeborene Erinnerungsschwäche. Mir prägten sich immer schon verbindende Muster besser ein als konkrete Bilder und einzelne Wörter. Das Netzzeitalter kam für mich gerade rechtzeitig.

Jetzt kommen Vergesslichkeit und Namensvertauschungen hinzu. Altersdemenz, das weiß ich jetzt, hat eine lange Vorgeschichte. Aber wie ich hoffe, zieht sie sich auch lange hin. Und im Netz, vernetzt, im Netzwerk geht’s ja weiter. Vorerst kann ich da weiter aktiv bleiben. Dafür bin ich dankbar.

 

Ich habe beruflich immer das Beste daraus gemacht. Prosopagnosie, wie das heißt, bewirkt gottseidank auch von sich aus Namensvertauschung. Ein verzerrendes Mapping, große und kleine Verschiebungen und Verwechslungen mussten jetzt hinzukommen, um auch nur Lesereisen durchführen zu können. Meine Seminare waren dort zwar mal geplant, sind aber dann woanders durchgeführt worden.

Und sie sind krisenbedingt klein und gefährdet, wenn sie überhaupt stattfinden. Wir hoffen auf genügend Anmeldungen und beginnen vielleicht mit Schreibseminaren und Storytelling, ehe wir wieder Workshops zu Innovationsthemen ankündigen. Schon wegen der Zielgruppe, die durch das Romanprojekt erreicht werden kann.

 

Zum Schluss ist dennoch eine besondere Entschuldigung für die als „Personas“ involvierten Personen fällig, deren Beziehungserfahrungen ich als Autor ausgebeutet habe: Familie, Freunde, Bekannte im Netzwerk. Welchen Geschlechts auch immer und wo immer sie auch wirklich wohnen. Trotz meines Innenrundgangs durch die Gärten und meiner Extratour auf der Ringstraße. Dabei kann ich leider nicht versprechen, dass nicht noch mehr kommt, wenn sie Sache läuft. Es fühlt sich einfach zu gut an. Auch ganz ohne Seminare.

Ein besonderer Dank gebührt den anderen EXEN im Netzwerk – wer auch immer, wo auch immer, was auch immer zu diesem ersten App-Roman beigetragen hat. Namentlich genannt seien Stefan: der Einzige, der weiß wovon die Rede ist, wenn im Roman von der App die Rede ist, der sich aber hier in einen Lektor transformiert hat, und Thomas, der das dann übernommen hat.

Der Verlag war so mutig, einen App-Roman so zu veröffentlichen, dass man ihn wie einen Roman lesen kann. Ein riskantes Spiel!



ANHANG

Die App

Formel und Phasen, narrative Projekt- und Produktmodelle
(zu den Programmnotizen und Protokollen)

  


Fx (a) : Fy (b) = Fx (b) : Fa-1 (y)


 (Nethöfel nach Lévi-Strauss)

integrierter U-Prozess

(Nethöfel)


ntegrierte Prozessphasen

(Nethöfel)


phasenorientierter Gestaltbildungsprozess

(Nethöfel)


integrierter Orientierungsprozess

(Nethöfel)


Bildnachweise

Titelbild: Wolfgang Nethöfel

Titelbild-Matrix: starline

ZABAIONE: Wolfgang Nethöfel

MAX4U: Marvin Meyer

Die UXEES: Maria Lupan Chişinău

GRÄFIN ZAHL: Tara Winstead

EMPATHIA: Antoine J.

SERAPHINE: Wolfgang Nethöfel

SHERIFA (SCHLEIFE): Wolfgang Nethöfel

EUNET-ZIP – EUNET-COMMUNITY: Christian Lue

EUNET-ZIP – EUNET-COMMUNITY: Fabian Friedrich

4U-QUEEN: Peter Toporowski

Im DARKNET: Felix Lichtenfeld

 

Sämtliche Bilder wurden bearbeitet mit: https://www.fotobearbeitung.de/

Grafiken im Anhang: Wolfgang Nethöfel

Matrix: starline
https://www.freepik.com/free-vector/streaming-binary-code-numbers-technology-background_8289972.htm?query=binary%20code

Computer: Marvin Meyer  •  Schweiz
https://unsplash.com/photos/SYTO3xs06fU

Siegessäule: Peter Toporowski  •  Eschweiler/Deutschland
https://pixabay.com/de/photos/berlin-siegess%c3%a4ule-engel-4512530/

Anonymous: Felix Lichtenfeld  •  Jever/Deutschland
https://pixabay.com/de/photos/v-for-vendetta-vendetta-anonymous-2855606/

ICE: Christian Lue  •  Berlin/Deutschland
https://unsplash.com/photos/F0FgnraSRUY

Konferenz: Fabian Friedrich  •  Hamburg
https://unsplash.com/photos/JDUVM9_VaZE

Abakus: Tara Winstead Nolensville, TN
https://www.pexels.com/de-de/foto/hande-festhalten-lernen-aufsicht-6693318/

Shop: Maria Lupan Chişinău, Republic of Moldova
https://unsplash.com/photos/fnvchx3K69Q

Party: Antoine J.
https://unsplash.com/photos/r3XvSBEQQLo

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